Formel 1 Nächster Dämpfer für Vettel: Hamilton dominiert in Spanien
Barcelona (dpa) - Ganz locker in Jeans richtete Sebastian Vettel nach Lewis Hamiltons Machtdemonstration einen dringenden Appell an sein Ferrari-Team.
„Wir waren nicht schnell genug heute. Wenn wir das nicht sehen würden, wären wir blind“, ermahnte der 30 Jahre alte Hesse nach dem enttäuschenden vierten Platz beim Europa-Auftakt der Formel 1 in Barcelona die Scuderia-Crew. Äußerlich unaufgeregt analysierte Vettel messerscharf die Ferrari-Schwächen beim beeindruckenden Sieg von WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton, der im Mercedes nun schon 17 Punkte vor dem Deutschen liegt.
„Es war ein schlechtes Wochenende in Sachen Zuverlässigkeit. Da gibt es keine Entschuldigungen“, sagte Vettel, dessen Teamkollege Kimi Räikkönen mit einem Defekt ausgerollt war und wieder keine Hilfe leisten konnte. Dagegen machte Hamiltons Stallgefährte Valtteri Bottas als Zweiter den Doppelerfolg der Silberpfeile perfekt. Der Niederländer Max Verstappen wurde im Red Bull noch vor Vettel Dritter, obwohl er auf den Schlussrunden mit einem kaputten Frontflügel fuhr.
„Wir müssen die Sachen klar ansprechen“, sagte Vettel. Auch die Probleme von Ferrari im Umgang mit den Reifen kosteten ihn einen Podiumsplatz. Weil Vettel einen zusätzlichen Boxenstopp einlegte und dieser auch noch zu lange dauerte, fiel er noch hinter Bottas und Verstappen zurück.
Gegen Hamilton indes war er schon vom Start weg chancenlos. Der Brite fuhr seinen zweiten Sieg nacheinander und den 64. seiner Karriere insgesamt ein. „Das Auto und ich waren heute eine Einheit, das hatte ich in dieser Saison bisher noch nicht“, schwärmte der 33-Jährige.
Rechtzeitig vor dem Klassiker in Monte Carlo in zwei Wochen scheinen die Silberpfeile im Kräftemessen mit Ferrari wieder die Oberhand zu haben, auch das dürfte Vettel nach einem verkorksten Tag zu denken geben. Daimler-Chef Dieter Zetsche indes lächelte in der Mercedes-Garage überaus zufrieden. „Wir werden jetzt weiter Druck machen“, versprach Hamilton.
Dabei hatte Vettel nach der ernüchternden Qualifikation, als er sich beiden Mercedes-Piloten geschlagen geben musste, einen guten Start ins Rennen erwischt. Clever zog der Heppenheimer aus dem Windschatten an Bottas vorbei und setzte sich hinter Hamilton auf Platz zwei.
Im Mittelfeld krachte es indes gewaltig. Romain Grosjean verlor die Kontrolle über seinen Haas und räumte Nico Hülkenberg im Renault von der Strecke. „Das ist extrem bitter und enttäuschend, ein Rennen unverschuldet in der ersten Runde so zu beenden“, klagte Hülkenberg und empfahl dem Franzosen Grosjean Fahr-Nachhilfe. „Ich weiß nicht, wie oft er sich jedes Wochenende dreht. Er muss an sich arbeiten“, sagte der 30 Jahre alte Emmericher.
Auch Toro-Rosso-Fahrer Pierre Gasly wurde in den Unfall verwickelt und musste aufgeben. Prompt musste das Safatey-Car ausrücken, damit die Streckenposten die Trümmerteile einsammeln konnten.
Nach sechs Runden gab die Rennleitung die Strecke wieder frei, Hamilton zog umgehend auf und davon. Vettel konnte dem Tempo des Spitzenreiters nicht folgen und sich auch von Bottas nicht entscheidend absetzen. Schon in der 18. Runde kam Vettel zum ersten Reifenwechsel. Bottas folgte eine Runde später und reihte sich direkt hinter dem Deutschen wieder ein, der zuvor nur mit einem starken Überholmanöver gegen Haas-Pilot Kevin Magnussen seinen knappen Vorsprung vor dem finnischen Silberpfeil-Fahrer gesichert hatte.
Beendet war das Rennen kurz darauf für Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen. Gerade hatte der Kommandostand dem Finnen mitgeteilt, er solle noch ein paar Runden auf seinen alten Reifen durchhalten, als ihn ein technischer Defekt bremste. Als dann auch Esteban Ocon mit einem kaputten Force India ausrollte, verordnete die Rennleitung ein virtuelles Safety-Car. Alle Piloten wurden automatisch eingebremst.
Ferrari zockte, holte Vettel wieder für frische Reifen an die Garage, damit der viermalige Champion am Ende noch einmal attackieren konnte. Doch der Poker ging nicht auf. Auf dem Kurs, auf dem das Überholen traditionell schwierig ist, kam Vettel bis zum Ende nicht mehr in Schlagdistanz zu Bottas und Verstappen. Für den Hessen war es zwei Wochen nach Platz vier in Aserbaidschan ein weiterer Rückschlag im Titelrennen.