Ricciardo gewinnt in Ungarn - Krach beim Mercedes-Duo
Budapest (dpa) - Nach dem irren Actiondrama von Ungarn droht im Formel-1-Titelduell zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton eine neue Eiszeit. Beim Sieg des glücklichen Red-Bull-Jünglings Daniel Ricciardo entbrannte zwischen den Mercedes-Piloten auf dem Hungaroring ein Hauskrach um eine Teamorder.
„Ich war sehr geschockt, dass mich das Team darum gebeten hat, ihn vorbeizulassen“, sagte Hamilton nach seiner Sturmfahrt aus der Boxengasse bis auf Platz drei beleidigt. Rosberg, der als Vierter seine WM-Führung in die Sommerpause rettete, kochte innerlich vor Ärger über seinen bockigen Stallrivalen.
In einem hochspektakulären Rennen hatte Ricciardo von einer frühen Safety-Car-Phase profitiert und sich kurz vor Schluss mit einem Überholmanöver gegen Ferrari-Routinier Fernando Alonso seinen zweiten Sieg in diesem Jahr gesichert. Regen, Unfälle, Reifenpoker - der elfte Saisonlauf bot Spannung ohne Ende. „Jetzt gibt es ein paar Tage lang Party“, jubelte Ricciardo mit seinem gewohnt breiten Grinsen. Titelverteidiger Sebastian Vettel hatte im zweiten Red Bull erneut Pech und wurde nur Siebter.
Die spannendste Geschichte des Tages aber lieferte erneut das Silberpfeil-Duo. „Das muss ich jetzt erstmal anschauen und mit dem Team diskutieren“, erklärte der sichtlich wütende Rosberg auf Fragen nach dem Zweikampf mit Hamilton, der das Lager des Branchenführers spaltete. Der Brite lag nach seinem Parforceritt vor dem mit Pech und Bremsproblemen kämpfenden Rosberg, dem die Pole Position diesmal nicht half. Wegen unterschiedlicher Reifenstrategien erhielt Hamilton von der Box die Anweisung, den Deutschen ziehen zu lassen - und verweigerte sich.
Team-Aufseher Niki Lauda schlug sich auf die Seite des WM-Zweiten. „Ich finde die Entscheidung von Lewis richtig und normal“, sagte der Österreicher und kündigte neuerliche Krisengespräche an. Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff merkte hingegen an, Hamiltons Blockade habe Rosberg vermutlich den Rennsieg gekostet. „Das sind ganz komplexe Themen. Da werden wir uns mit Lewis zusammensetzen“, sagte Wolff. Trotz der klaren Führung in der Gesamtwertung für Rosberg (202 Punkte) und Hamilton (191) vor dem WM-Dritten Ricciardo (131) dürften Mercedes quälende Diskussion in die vierwöchige Sommerpause begleiten.
Viel aufzuarbeiten hat auch Vierfach-Champion Vettel. Von Platz zwei gestartet, kam er durch Pech und einen Ausrutscher nicht über Rang sieben hinaus. „Ein Platz mehr wäre vielleicht drin gewesen“, befand der Red-Bull-Pilot, der abgeschlagen WM-Sechster bleibt. Frustriert musste er zuschauen, wie sein Teamkollege Ricciardo erneut mit Glück und viel Talent den größten Pokal in Empfang nahm.
Einen Dämpfer nahm auch Nico Hülkenberg mit in die Ferien. Der Force-India-Pilot aus Emmerich schied in der 16. von 70 Runden nach einer Kollision mit seinem Teamkollegen Sergio Perez aus und blieb damit erstmals in dieser Saison ohne Punkte. Adrian Sutil (Gräfelfing) verpasste im Sauber als Elfter erneut, wenn auch knapp die ersten Saisonpunkte.
Der Nachmittag von Budapest glich einer wilden Achterbahnfahrt. Für Hamilton begann das Rennen schon mit einem Schreck: Der Mercedes-Mann rutschte in der zweiten Kurve in die Leitplanken und beschädigte sich dabei den Frontflügel. Der 29-Jährige war aus der Boxengasse losgefahren, nachdem die Qualifikation am Samstag für ihn wegen seines brennenden Silberpfeils schon nach wenigen Minuten vorbei gewesen war.
Ein starker Regenschauer 45 Minuten vor dem Start hatte die Bedingungen komplett durcheinandergewirbelt. Alle fuhren wegen der noch nassen Strecke mit Intermediate-Reifen los. Aber auch so rutschten die Piloten teilweise unkontrolliert umher. Während Rosberg seine Pole Position auf den ersten Kilometern souverän verteidigte, verlor der als Zweiter gestartete Vettel gleich zu Beginn zwei Plätze gegen Williams-Pilot Valtteri Bottas und Alonso. Der Titelverteidiger konnte Alonso aber wenig später wieder überholen.
Nach einem schweren Einschlag des Schweden Marcus Ericsson neutralisierte das Safety-Car das Rennen in der neunten Runde. Eine letztlich rennentscheidende Szene. Rosberg büßte nicht nur seinen schon komfortablen Vorsprung von knapp neun Sekunden wieder ein. Er fiel sogar auf Rang vier zurück, weil er erst später als das neue Führungstrio mit Ricciardo an der Spitze an die Box zum Reifenwechsel einbiegen konnte. Ein schwerer Crash des Mexikaners Perez in der 23. Runde führte zur zweiten Safety-Car-Phase. Danach lag Alonso zunächst vor Jean-Eric Vergne, Rosberg, Vettel und Hamilton.
Dann begann die wilde Hatz von neuem. Erst auf den letzten Runden wurde klar, dass Ricciardo mit den frischesten Reifen die größten Chancen hatte. Eiskalt schnappte er sich Hamilton und Alonso noch und fuhr laut jubelnd über die Ziellinie. Rosberg blieb nach einer tollen Aufholjagd auf den letzten Runden Platz vier - und der Ärger über seinen Kollegen.