Talent nicht genutzt: Honda lässt Bradl zu Yamaha ziehen
Indianapolis (dpa) - Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, hilft auch die größte Freundschaft nicht. Die Beziehung zwischen Motorrad-Pilot Stefan Bradl und dem allmächtigen Honda-Werk geht nach drei Jahren zu Ende.
Daran konnte auch Bradls LCR-Teamchef Lucio Cecchinello nichts ändern, der den Zahlinger zu gern in seinem Team behalten hätte. Doch da LCR finanziell und materialtechnisch zu einem nicht unerheblichen Teil am Tropf von Honda hängt, muss Cecchinello das tun, was die Japaner möchten. Und die senkten beim Namen Bradl den Daumen. Bevor ihm gekündigt oder er gar degradiert wurde, wechselt der einzige deutsche MotoGP-Pilot nun zu Yamaha. Am Mittwoch unterschrieb der 24-Jährige beim NGM Forward Racing Team für die Saison 2015.
2011 war der Moto2-Weltmeister mit großen Hoffnungen zu Honda und Cecchinello gewechselt, die Erfolge in der größten WM-Motorenklasse blieben aber weitgehend aus. Bradl war nicht schlecht, aber eben nicht so gut, wie sich die Japaner das vorstellten. Ein Podestplatz - 2013 Rang zwei in Laguna Seca - war einfach zu wenig. Vor allem wenn man die Leistungen mit Marc Marquez vergleicht. Der Spanier wurde in seiner MotoGP-Debütsaison Weltmeister und ist in diesem Jahr noch ungeschlagen. „Wenn man ihn kopieren könnte, würden das bestimmt alle machen“, wehrt Bradl alle Vergleiche mit dem Ausnahmetalent ab. Fakt aber ist: Marquez zeigt all das, was bei Bradl eher vermisst wird.
Diese Entschlossenheit, diese Aggressivität, diese Lust auf Siege ist bei dem bayrischen Schwaben selten zu spüren. Er gibt sich schnell mit Platzierungen zufrieden, scheut das letzte Risiko, nutzt sein Talent nicht. „Stefan hat uns oft wertvolle Punkte heimgebracht, statt zu stürzen und nicht zu punkten“, lobte Cecchinello seinen Noch-Piloten. Aber ein Siegfahrer wurde er damit bei LCR nicht.
Von Freitag an startet Bradl nun seine Honda-Abschiedstournee. Schon in seinem Lieblingsreiseland USA auf dem berühmten Indianapolis Motor Speedway will er seinem Noch-Arbeitgeber in einer Trotzreaktion beweisen, was er wirklich drauf hat. „Ich will mich bei LCR-Honda würdig verabschieden. Lucios Team hat mir immer ein schlagkräftiges Paket hingestellt. Ich habe immer tolles Material zur Verfügung gehabt. Und es war nicht immer schlecht, was wir zusammen erreicht haben. Man sollte mich noch nicht abschreiben“, erklärte Bradl dem Fachportal „speedweek.com“.
Von 2015 an wartet nun eine neue Herausforderung auf Bradl. Das Forward-Yamaha-Team hatte schon länger ein Auge auf ihn geworfen. Nun gab es die Chance, ihn zu verpflichten. Fakt ist: Der Druck auf Bradl wird geringer. Forward ist nach dem Yamaha-Werksteam mit Valentino Rossi und Jorge Lorenzo sowie dem Monster Yamaha Tech 3-Team mit Bradley Smith und Pol Espargaro nur die Nummer drei. „Ich hätte bei Forward sicher kein Factory-Bike mehr, aber trotzdem ein schlagkräftiges Paket. Aber es wird eine andere Situation für mich sein. 24 statt 20 Liter Sprit, zwölf statt fünf Motoren, weichere Hinterreifen. Dadurch wird sich ein bisschen etwas ändern. Vielleicht wird das ein Vorteil für mich sein“, betonte Bradl.
Top-10-Plätze, wie sie der jetzige Forward-Pilot Aleix Espargaro anbietet, sollten das Ziel von Bradl sein. An Podestplätzen, zumindest an deren Nähe, braucht er sich im nächsten Jahr nicht mehr messen lassen. Dennoch setzt das neue Team große Hoffnungen in Bradl. „Es ist eine große Freude, Stefan in unserem Team zu begrüßen. Wir glauben, dass Stefan ein starker Fahrer ist und unser Paket sehr gut zu seinem Fahrstil passt“, sagte Team-Eigner Giovanni Cuzari.