GP von Spanien Vettel gegen Hamilton: Duell für die Formel-1-Historie

Barcelona (dpa) - Nach einem der grandiosesten Formel-1-Rennen seit Jahren hatte Sieger Lewis Hamilton reichlich Redebedarf. Ausführlich schilderte der Mercedes-Pilot in allen Einzelheiten jede Phase seinen spektakulären Zweikampfs mit Sebastian Vettel beim Großen Preis von Spanien in Barcelona.

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Die Art und Weise seines Triumphs gegen den Ferrari-Star hatte den sonst so coolen Briten aufgewühlt wie selten. „Wow, ich spreche so lange wie du normalerweise, wenn du gewinnst“, sagte Hamilton in der Pressekonferenz mit einem Lachen zu dem neben ihm sitzenden Vettel.

Atemberaubende Rad-an-Rad-Duelle, spektakuläre Überholmanöver, geniale Strategieeinfälle: der Circuit de Catalunya, auf dem die Rennen in der Vergangenheit oft den Unterhaltungswert einer Prozessionsfahrt hatten, wurde zu einer Bühne für ein dramatisches Schauspiel mit zwei überragenden Hauptdarstellern. „Das war Motorracing, wie wir es in der Formel 1 sehen wollen“, schwärmte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

„Das Rennen von Barcelona wird in die Erinnerungen eingehen, als jenes, bei dem sich die Formel 1 nach Jahrzehnten der Langeweile wiederentdeckt hat“, bejubelte die italienische „La Repubblica“ den „GP des Adrenalins“. Und auch die Protagonisten selbst hatten ihre Freude. „Es hat Spaß gemacht“, sagte WM-Spitzenreiter Vettel trotz des knapp verpassten dritten Saisonsieges. „Ich liebe den Kampf, die Herausforderung“, versicherte sein Mercedes-Rivale. „So muss Rennsport sein.“

Hamilton gegen Vettel - der Zweikampf hat alles, um in die Liste der epischen Duelle der Formel-1-Geschichte aufgenommen zu werden: die beiden besten Fahrer ihrer Zeit in den Teams mit den wohl größten Namen in der Königsklasse des Motorsports. Es sei „die Wiederauferstehung der Duelle der Vergangenheit“, stellte „La Repubblica“ fest. Und die „L'Équipe“ sieht „diese zwei Männer mehr denn je allein auf der Welt“.

Doch anders als bei den legendären Schlachten von Jim Clark gegen Graham Hill, Nigel Mansell gegen Nelson Piquet oder Ayrton Senna gegen Alain Prost ist das Klima zwischen dem Briten und dem Heppenheimer nicht vergiftet. „Lewis hat einfach den besseren Job gemacht“, gestand Vettel in Barcelona ein. Es sei eine Ehre, „gegen ihn zu fahren“, versicherte der Brite.

Worte, die Hamilton in den Titelkämpfen der vergangenen Jahren gegen seinen ungeliebten Teamkollegen und Weltmeister Nico Rosberg nie eingefallen wären. Er und Vettel begegnen sich mit großem Respekt auf und neben der Strecke - in der Gewissheit, im jeweils anderen endlich einen ebenbürtigen Gegner gefunden zu haben.

Beispiel: Als Vettel in Barcelona in Runde 38 nach seinem zweiten Reifenwechsel auf die Strecke zurückkam, verteidigte er mit einem harten Manöver seine Führungsposition gegen Hamilton. Dabei berührten sie sich kurz, Hamilton beklagte sich über Funk über das Manöver. Doch nach dem Rennen: kein böses Wort. Vettel und Hamilton witzelten vielmehr darüber.

Ob der Umgang so bleibt, sollte sich der Zweikampf zum Ende des Jahres zuspitzen? Das ist offen. Die „BBC“ glaubt in jedem Fall, dass die Saison „auf dem besten Wege ist, ein Klassiker zu werden“. Wie eng es derzeit zwischen den beiden Duellanten zugeht, zeigt die Statistik: Zum vierten Mal im fünften Rennen besetzten Hamilton und Vettel die ersten beiden Plätze. In Australien und Bahrain stand der viermalige Champion Vettel ganz oben, in China und nun in Spanien erhielt Dreifach-Weltmeister Hamilton den Siegerpokal. Nur in Sotschi vor zwei Wochen schwächelte Hamilton mit Rang vier, Vettel wurde Zweiter hinter Valtteri Bottas im zweiten Mercedes.

Letztlich entscheiden Kleinigkeiten, ob Hamilton oder Vettel ganz oben stehen - auch in Spanien. Dem Deutschen war Teamkollege Kimi Räikkönen als Helfer nach einem Crash kurz nach dem Start schon früh abhanden gekommen. Auch Mercedes-Mann Bottas erreichte das Ziel wegen eines Motorschadens nicht. Doch konnte er vor seinem Ausfall einige Runden lang den schnelleren Vettel nach dessen ersten Boxenstopp aufhalten.

Dann setzte die Silberpfeil-Crew einen Reifenwechsel bei Hamilton so geschickt, dass Vettel und Ferrari nicht mehr reagieren konnten und den Briten vorbeiziehen lassen mussten. „Das war ein Sieg des Teamworks“, meinte Mercedes-Chef Wolff.

Noch liegt der 29-jährige Vettel (104 Punkte) in der Gesamtwertung sechs Zähler vor seinem drei Jahre älteren Rivalen. Doch schon beim Klassiker in Monaco kann Hamilton Ende Mai an die Spitze kommen. „Darauf schau ich nicht. Ich konzentriere mich nur darauf, Rennen zu gewinnen.“