Wehrlein nach Funk-Affäre: „fair wieder an die Spitze“
Spielberg (dpa) - Am Tag nach der Funk-Affäre von Spielberg verkniff sich DTM-Pilot Pascal Wehrlein emotionale Ansagen in Richtung Audi.
„Ich möchte niemandem drohen, ich möchte nicht mit solchen Aktionen in Zukunft für Furore sorgen, so wie es Audi jetzt gemacht hat“, sagte der Mercedes-Fahrer im TV-Sender Sky Sport News HD und kündigte mit Blick auf die verlorene Führung im Deutschen Tourenwagen Masters „volle Attacke“ an: „Ich möchte fair wieder zurück an die Spitze kommen.“
Zuvor schrieb der 20-Jährige auf Facebook: „Für mich hat sich der Fall erledigt. Die Sportkommissare haben es nach Auswertung der Videos und Daten als ABSICHT eingestuft.“ Dahinter folgte noch ein - später gelöschter - bitterer Gruß: „Viel Spaß beim Sportgericht.“
Dort landet der Satz „Timo, schieb ihn raus“ von Audis Motorsportchef Wolfgang Ullrich womöglich noch vor dem nächsten DTM-Rennen in Russland am 29. August. Sekunden nach der laut Ullrich versehentlichen Ansage rammte Audi-Fahrer Timo Scheider in Spielberg die Mercedes von Wehrlein und Robert Wickens von der Strecke. Die Sportkommissare disqualifizierten den zweimaligen DTM-Champion noch am gleichen Tag und verwiesen den Fall an das Sportgericht des Deutschen Motor Sport Bundes (DMSB).
DTM-Boss Hans Werner Aufrecht äußerte sich erschüttert. „Sollten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben, wie sie im Fernsehen dargestellt wurden, dann ist es eine bedauerliche und unsportliche Geschichte, die verurteilt werden muss“, teilte der Vorsitzende von DTM-Vermarkter und Rechteinhaber ITR mit.
Wehrlein war als Führender der Meisterschaft gestartet. Mit einem Start-Ziel-Sieg übernahm Audi-Fahrer Mattias Ekström die Gesamtführung nach dem zehnten von 18 Saisonrennen. „Was mich am meisten an der Situation ärgert ist, dass aktiv in die Meisterschaft eingegriffen wurde und mir Punkte damit weggenommen wurden. Ich möchte aber niemandem Körperverletzung oder sonst was unterstellen“, sagte Wehrlein.
Mit unterschiedlichen Schilderungen sorgte Ullrich zunächst für weitere Verwirrung und Unmut, am Ende teilte er dann schriftlich mit: „Es kam im TV wirklich so rüber, als hätten wir Timo (Scheider) die Anweisung gegeben, einen Konkurrenten von der Strecke zu schieben. Doch das war definitiv nicht der Fall.“
Ob der Österreicher wegen des Imageschadens nun Konsequenzen seines Arbeitgebers Audi befürchten muss, ist unklar. „Wir werden uns zu diesem Thema nicht mehr äußern. Das ist ein schwebendes Verfahren“, sagte ein Sprecher auf dpa-Anfrage.
Mercedes' DTM-Chef Ulrich Fritz erwartet grundsätzlich eine Strafe für den Autobauer aus Ingolstadt. „Wir haben da Vertrauen in die Kommissare und den DMSB. Nur dem Timo Scheider eine Strafe zu geben, wäre aber zu kurz gesprungen“, sagte Fritz in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Es muss im Urteil ein deutliches Zeichen geben, weil ein solches Verhalten nicht toleriert werden kann.“
Vor Gericht droht Scheiders Audi-Team Phoenix der Lizenzentzug. Dabei können dessen Chef Ernst Moser und seine Ingenieure gar nichts für die Ansage ihres obersten Motorsportchefs. Wie und ob Ullrich für den Satz bestraft werden kann, ist allerdings unklar.
Der Österreicher hatte in der Branche bis zum Sonntagmittag den Ruf als fairer Sportsmann - und muss nun wie Scheider einen großen Image- und Respektsverlust fürchten. „Wenn es den Funkspruch gab, dann sollte derjenige, der das gemacht hat, nie wieder auf eine Rennstrecke dürfen“, schimpfte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff unmittelbar nach Rennende. „Das tut man nicht. Den Meisterschaftsführenden abzuschießen, ist indiskutabel und unter jeder Würde.“