Peter Stögers fliegender Wechsel
Vorige Woche wurde der Österreicher beim 1. FC Köln entlassen, nun ist er der Hoffnungsträger bei Borussia Dortmund.
Dortmund. Der Offenbarungseid beim 1:2 (0:1) gegen Werder Bremen war des Schlechten zu viel. 163 Tage dauerte die Amtszeit von Fußballtrainer Peter Bosz bei Borussia Dortmund. Am Samstagabend wurde sie durch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc beendet. Neuer Mann an der Seitenlinie des hochambitionierten BVB ist Peter Stöger, der selbst erst vor einer Woche beim Bundesliga-Schlusslicht 1. FC Köln von seinen Aufgaben entbunden worden war. Der langjährige Wegbegleiter Manfred Schmid und der einstige BVB-Profi Jörg Heinrich sollen Stöger assistieren.
„Wir haben am Samstagabend mit Peter Bosz gesprochen. Das war sehr emotional, gleichzeitig aber stilvoll. An so eine schwierige Situation bei Borussia Dortmund kann ich mich nicht erinnern“, sprach Watzke gestern Mittag bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz sichtbar gezeichnet ins Mikrofon.
Es war ein langer Tag an der Strobelallee, der mit einem teils schauerlichen Auftritt einer Mannschaft begann, die auch im achten Ligaspiel in Folge ohne Sieg blieb und phasenweise wie ein Abstiegskandidat auftrat. „Peter Bosz hat intensiv versucht, die Wende herbeizuführen. Das ist nicht gelungen. Diese Entscheidung war nun unumgänglich“, gab Zorc zu Protokoll. Auch der Sportdirektor sah müde aus. Genau wie Watzke. Gemeinsam mit dem Mannschaftsrat um Marcel Schmelzer, Nuri Sahin und dem verletzten Marco Reus hatten die beiden schwarz-gelben Führungsfiguren am Abend über das weitere Vorgehen gesprochen.
Peter Stöger
Vor allem Schmelzer und Sahin dürften bis zuletzt ein großes Interesse daran gehabt haben, mit dem „großartigen Menschen“ Bosz weiter zu machen, wie Watzke ihn nach dessen Demission bezeichnete. Schließlich gehörten die beiden BVB-Routiniers zu der Fraktion, die nach Thomas Tuchel einen anderen (Trainer-)Typen zu benötigen glaubten. Kapitän Schmelzer fand nach der fünften Saisonniederlage, die den BVB (vorerst) im Mittelfeld der Bundesligatabelle verschwinden ließ, deutliche Worte: „Dieser Auftritt von uns als Mannschaft war eine Frechheit“, sagte der 29-Jährige und nahm Peter Bosz damit in Schutz. Zu diesem Zeitpunkt dürfte den Spielern aber bereits klar gewesen sein, dass der sympathische Niederländer nicht mehr zu halten ist.
Nach nur drei Punkten aus zweieinhalb Monaten fanden Watzke und Zorc in Peter Stöger nun eine Lösung, die nach vier erfolgreichen Jahren beim 1. FC Köln in dieser Saison noch keine Bundesliga-Begegnung gewinnen konnte. „Für mich ist es eine überraschende Situation. Diese Möglichkeit ist außergewöhnlich. Ich freue mich riesig darauf“, sagte der Österreicher bei seiner Vorstellung. „Ich gehe das mit vielen Emotionen an und glaube nicht, dass ich aufgrund der letzten Wochen gefragt wurde, als ich der Trainer war, der nur drei Punkte gemacht hat.“
Stöger erhält beim BVB einen Vertrag bis zum 30. Juni 2018. „Selbst wenn ich die Möglichkeit gehabt hätte, hier nur 14 Tage zu trainieren, hätte ich das gemacht. Jetzt sind es sechs Monate, mehr brauche ich nicht“, sagte er. Ist Stöger also nur ein Platzhalter für Hoffenheims Julian Nagelsmann? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist das reine Spekulation. Doch die BVB-Chefetage scheint mehrgleisig zu planen.
Der 51-Jährige aus Wien jedenfalls bekommt nur wenige Tage nach seinem Abschied vom Geißbockheim eine neue Chance in der Bundesliga. Mit einem Team, das vom Potenzial her die Champions-League-Plätze erreichen muss. „Es gilt, schnell die Trendwende zu schaffen. Wir sollten mal ein paar Punkte holen. Zu Zielen werden wir ihnen in der Vorbereitung auf die Rückrunde etwas sagen“, erklärte Watzke.
Morgen in Mainz, Samstag gegen Hoffenheim und vor Weihnachten noch das Pokal-Achtelfinale bei den Bayern. Stögers Kaltstart muss funktionieren. Es würde seine Chancen erhöhen, doch über den Sommer hinaus in Dortmund zu bleiben. „Wir gehen diese Situation jetzt an. Wer meint, uns kritisieren zu müssen, der soll das tun. Wir müssen das akzeptieren“, sagte Watzke zerknirscht, der nach der geräuschvollen Trennung von Tuchel einen Volltreffer gebraucht hätte und ihn in Peter Bosz nicht erzielt hat. „Der momentane Status ist nicht das, was wir uns bei Borussia Dortmund vorstellen.“