Bahn-WM: Vorfreude im Teamsprint, Sorgen im Vierer
Apeldoorn (dpa) - Für die Teamsprinter geht es um Gold, die einst ruhmreichen Verfolger bemühen sich um Schadensbegrenzung. Zu den Bahn-Weltmeisterschaften könnten die Vorzeichen für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) kaum unterschiedlicher sein.
Das deutsche Sprint-Trio mit Maximilian Levy (Cottbus), René Enders (Erfurt) und Stefan Nimke (Schwerin) ist als Titelverteidiger wieder erster Anwärter auf den Sieg. Schärfster Gegner dürften in Apeldoorn (Niederlande) die Franzosen sein, die das Team von Coach Detlef Uibel zuletzt bei WM und EM nur knapp schlagen konnte. Auch Großbritannien und Australien wollen erneut in die Medaillenvergabe eingreifen.
„Ich denke, wir müssen uns nicht verstecken mit den Ergebnissen des letzten Jahres“, sagte Levy, der auch im Keirin nach seinem Titel 2009 und Bronze 2010 zu den Favoriten zählt. „Ich glaube aber, dass es ein sehr knappes Rennen wird und wir wirklich einen perfekten Lauf bringen müssen.“ Der Cottbuser musste sich auf einen neuen Vordermann einstellen: In einem Stechen verdrängte Enders den Thüringer Robert Förstemann, der 2010 in Kopenhagen zum Erfolgs-Trio gehörte. Enders genießt das Vertrauen der Mannschaft. „Wir haben fleißig geübt in der Vorbereitung, von daher bin ich zuversichtlich“, meinte Levy vor dem Wettbewerb am Mittwoch.
Während sich im Teamsprint arrivierte Fahrer durchsetzten, baut Bundestrainer Uibel in der Königsdisziplin Sprint auf die Jugend. Neben dem Vorjahres-Vierten Förstemann bekommen in Sebastian Döhrer (Berlin) und Stefan Bötticher (Breitenworbis) zwei Neulinge eine Chance. „Döhrer hat schon in den letzten Jahren immer wieder gute Anschlussergebnisse erzielt. Diese Saison konnte er das bestätigen“, lobte Uibel. Der erst 19-jährige Bötticher schaffte sogar in seinem ersten Männer-Jahr die Nominierung. Uibel will mit dem erfolgreichen Junior vor allem „die Lücke im Sprintbereich schließen“.
Einen ähnlichen Weg hat auch Interims-Bundestrainer Michael Max bei der Ausdauer-Auswahl eingeschlagen und den unter seinem Vorgänger Andreas Petermann eingeleiteten Umbruch forciert. Der 21 Jahre alte Jakob Steigmiller (Biberach) sowie die beiden Cottbuser Nikias Arndt (19 Jahre) und Stefan Schäfer (25) sind die Neulinge im Vierer, der Berliner Henning Bommel der einzige Routinier. „Ich sehe uns zwischen Platz fünf und acht“, sagte Max, „aber dazu muss schon alles passen.“
In der zurückliegenden Weltcup-Saison hatte das ehemalige deutsche Flaggschiff kein Top-10-Resultat erreicht. Mit viel Glück könnten die Deutschen das Ruder in der Olympia-Qualifikation noch herumreißen und ein neuerliches Scheitern vermeiden. Nach fünf von zwölf Wettbewerben liegt das Quartett im Rennen um London 2012 abgeschlagen auf Rang 15.
In Apeldoorn will der Vierer, der seit 1962 14 Mal Weltmeister wurde, aber seit 2002 auf eine WM-Medaille wartet, seinen zaghaften Aufschwung bestätigen. Max meinte dazu: „Mir fehlte die Zeit, einen kompletten Neuaufbau zu starten. Aber ich glaube schon, dass sich unser Vierer an den Belgiern, Spaniern und ein paar Kandidaten aus dem Mittelfeld vorbeischieben wird. Mehr sollte man nicht erwarten.“ Auch in den Massenwettbewerben ist mit Franz Schiewer (Cottbus), Ralf Matzka (Deißlingen) und Marcel Barth (Gera) ein junges Team am Start.
Der BDR, der mit einem 23-köpfigen Aufgebot angereist ist, hofft auf drei bis vier weitere Medaillen. In der Mannschaftsverfolgung der Frauen liebäugelt das Trio mit Bronze, auch die Teamsprinterinnen Kristina Vogel (Erfurt) und Miriam Welte (Ottersbach) können auf das Treppchen fahren. Im nicht olympischen 1000-Meter-Zeitfahren hofft Nimke auf sein drittes Gold nach 2003 und 2009. Insgesamt werden in den Niederlanden 19 Weltmeister gekürt.