Cancellara der große Favorit bei Paris-Roubaix
Compiègne (dpa) - Die „Hölle des Nordens“ hat der große Favorit Fabian Cancellara bereits bei der Streckenbesichtigung zu spüren bekommen.
Bei der Inspizierung der berüchtigten Pavés aus der Zeit Napoleons war der viermalige Zeitfahr-Weltmeister vor dem 111. Frühjahrsklassiker Paris-Roubaix am Sonntag zu Boden gegangen. Ein Malheur, das ihm bereits beim Scheldeprijs unterlaufen war.
Ernsthaft verletzt sei er laut Angaben seines RadioShack-Teams aber nicht. Das Sturzpech des Schweizers könnte den wenigen Rivalen bei der nächsten Auflage von „Alle gegen Cancellara“ womöglich in die Karten spielen, fährt der Sieger von 2006 und 2010 unter normalen Umständen doch in seiner eigenen Liga.
„Die Stürze waren nicht ideal, aber wir bleiben fokussiert. In so einem Rennen benötigt man auch Glück. Viele Leute sehen mich als einzigen Favoriten, aber das ist ein spezielles Rennen. Ich sehe verschiedene Szenarien“, sagte Cancellara.
Denn erst am Sonntag hatte Cancellara bei der Flandern-Rundfahrt der Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance gelassen und als Solist triumphiert. „Im Fernsehen sah es vielleicht super einfach aus für Fabian, am Ende hängt da aber eine 100-prozentige Vorbereitung dran. Es muss zu 100 Prozent passen, ansonsten gelingt so ein Ritt auch nicht“, sagt der deutsche Hoffnungsträger John Degenkolb der Nachrichtenagentur dpa. Der WM-Vierte wäre einer dieser Kandidaten, die sich berechtigte Hoffnungen machen dürfen, sollte es bei Cancellara nicht wie gewohnt laufen.
Eine Top-10-Platzierung soll es für Degenkolb sein, nachdem er sein Formtief bereits mit Platz neun in Flandern scheinbar überwunden hat. „Ich bin wieder in der Gruppe zurück, wo ich mich in der Klassikersaison auch eingeordnet hätte“, ergänzt Degenkolb vor seinem Lieblingsrennen, das er irgendwann einmal gewinnen will. Viele Topstars - speziell die Klassementspezialisten der großen Rundfahrten wie Toursieger Bradley Wiggins oder Alberto Contador - machen einen großen Bogen um das Rennen.
Denn „La Roubaix“ hat es auch in diesem Jahr wieder in sich. Exakt 52,6 Kilometer geht es diesmal in 27 Passagen über das ruckelige Kopfsteinpflaster durch die schier endlosen nordfranzösischen Rübenäcker. Drei der Pavés-Sektoren sind mit fünf Sternen ausgezeichnet. Natürlich gehört der Wald von Arenberg dazu, wo einst Johan Museeuw einen Kniescheibenbruch erlitt, und auch der Carrefour de l'Arbre gut 20 Kilometer vor dem Ziel, wo eine Vorentscheidung fallen könnte. Dazu kommt die Kälte, wie in der Vorwoche werden Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt erwartet.
„Das ist ein spezielles Rennen, da kann soviel passieren“, sagt Degenkolb, der bei seiner ersten Teilnahme vor zwei Jahren gleich auf Platz 19 gefahren war. Für den letzten deutschen Podestplatz hatte 2007 Steffen Wesemann gesorgt. Erster und einziger deutscher Sieger war Joseph Fischer bei der Premiere des Rennens 1896.
Bleibt die Frage nach der Konkurrenz für Cancellara. Recht überschaubar ist sie geworden. Im vergangenen Jahr war Tom Boonen als Erster über den Zielstrich auf der Betonpiste im Vélodrome gefahren, der Belgier fällt allerdings nach seinem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt mit einem Rippenbruch aus. Auch die potenziellen Podestfahrer wie Ex-Weltmeister Thor Hushovd (Norwegen) oder Filippo Pozzato (Italien) sind noch nicht mit herausragenden Leistungen aufgefallen. Eine gute Rolle könnten stattdessen der Belgier Jurgen Roelandts und der Deutsch-Australier Heinrich Haussler spielen. Oder Degenkolb.