Contador gibt Tour-Lebenszeichen - Sieg an Evans
Mûr-de-Bretagne (dpa) - Alberto Contador hat sich bei der Tour de France zurückgemeldet. Im Ziel der 4. Etappe auf der Mûr-de-Bretagne nahm der Spanier, für den die Tour alptraumhaft begonnen hatte, als 2. hinter Ex-Weltmeister Cadel Evans seinem größten Herausforderer Andy Schleck 8 Sekunden ab.
„Das ist nicht viel, aber trotzdem war es ein schöner Tag für mich“, sagte der sichtlich erleichterte Contador im Ziel. Viel wichtiger als die Sekunden war ihm der Moralschub nach öffentlicher Ablehnung und großem Zeitverlust zum Auftakt der Tour.
Evans und Contador, dem nach der Tour ein Doping-Prozess bevorsteht, hatten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Sprinter-Manier geliefert und den großen Tages-Favoriten Philippe Gilbert aus Belgien an dessen 29. Geburtstag als Verlierer zurückgelassen. „Der Sieg hat mich sehr, sehr überrascht. Ich konzentriere mich weiter auf das Gesamtklassement, aber der heutige Tag war ein gutes Zeichen für mich“, sagte Tagessieger Evans, der in seiner wechselvollen Karriere oft der große Pechvogel war. „Mein größter Wunsch vor der Tour war: Bitte diesmal kein Pech.“
Der amtierende Weltmeister Thor Hushovd (Norwegen) kam beim ersten Vorgeschmack auf die baldigen Bergetappen in den Pyrenäen und Alpen zeitgleich mit den beiden ins Ziel und konnte sein Gelbes Trikot mit einer Sekunde Vorsprung vor Evans verteidigen. Der große Verlierer des Tages war der hoch gewettete Gilbert, der im April alle drei Ardennen-Klassiker und am Samstag die Auftaktetappe gewonnen hatte.
Contadors Saxo-Bank-Teamchef Bjarne Riis, der schwere Tage hinter sich hatte, freute sich über die Performance seines Kapitäns: „Es ist wichtig, dass man bei der Tour diesen Geist zeigen kann. Alberto wollte es versuchen und hat es auch gezeigt.“
Etappensieger Evans bedankte sich vor allem bei seinem deutschen Teamkollegen Marcus Burghardt. „Mein Held des Tages ist Marcus. Er hat mich von ganz hinten nach vorne gebracht. Ich bin so oft Zweiter und Dritter geworden“, sagte Evans, der sich im Vorjahr bei der Tour den Ellenbogen gebrochen hatte. Neben Burghardt machten im Finale auch die bisher überzeugenden Tony Martin (HTC Highroad), Linus Gerdemann (Leopard) und Andreas Klöden (RadioShack) eine gute Figur.
Routinier Klöden, wie Evans schon zweimal Tour-Zweiter, ist jetzt Fünfter im Gesamtklassement und bester deutscher Radprofi, Martin 13. „Meine Platzierung war nicht schlecht. Ich hätte noch ein bisschen weiter nach vorn kommen können. Aber die Zeit war respektabel“, sagte Martin, der in Paris mit einem Top-Ten-Platz liebäugelt.
Auf der zwei Kilometer langen Schlusssteigung auf die 293 Meter hohe „Mauer“ mischte sich auch Tour-Topfavorit Contador in die Phalanx der Fahrer, die um den Tagessieg fuhren. Der zierliche Spanier wollte nach seinem enttäuschenden Tour-Auftakt auf den ersten beiden Etappen offensichtlich zeigen, dass er weiter ein heißer Kandidat und weit entfernt von Resignation ist. Am Schluss fehlten gegen Evans nur Zentimeter. Beide hatten sich auf der 6,9 Prozent-Steigung ein Duell in Sprinter-Manier geliefert.
Fünf Ausreißer waren 4300 Meter vor dem Ziel gestellt worden. Auf der Verfolgung hatten sich in der Schlussphase besonders die drei Omega-Fahrer André Greipel, Marcel Sieberg und Sebastian Lang im Dienst ihres Kapitäns Gilbert hervorgetan. Aber ihre Anstrengungen wurden letztlich nicht belohnt.
Im Kampf um das Grüne Trikot des besten Sprinters verlor Mark Cavendish weiter Boden. Der Brite hatte beim Spurt auf halber Strecke das Nachsehen. Der HTC-Fahrer wurde unter anderen von Vortagessieger Tyler Farrar aus den USA bezwungen. Cavendish kann aber bereits am Mittwoch zurückschlagen, wenn von Carhaix nach Cap Fréhel wieder eine klassische Sprinteretappe auf das Peloton wartet. Auch der gebürtige Rostocker Greipel will nach mehreren misslungen Sprints weiter nach vorne fahren. Im Kampf um das Gelbe Trikot dürften sich die Favoriten eine Verschnaufpause gönnen.