Die dunkle Vergangenheit fährt bei der Tour mit

Gap (dpa) - Es ist jeden Tag das gleiche Prozedere. Wenn gegen 14.00 Uhr France 3 auf Sendung geht, lächelt Laurent Jalabert als Radsport-Experte in die Kameras. Jalabert? War da nicht etwas?

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Richtig, vor zwei Jahren wurde der Ex-Weltmeister bei Nachkontrollen von der Tour de France 1998 als EPO-Doper enttarnt, nachdem er zuvor sogar vor einer Untersuchungskommission des französischen Senats Doping bestritten hatte.

Egal, nach einer kleinen Auszeit war der Franzose wieder im Bild. „Jaja“ ist schließlich ein Volksheld. Ähnlich nachsichtig war die „Grande Nation“ einst auch mit Richard Virenque, der ungeachtet des Festina-Skandals wieder schnell in die Tour-Familie aufgenommen wurde und heute für Europe 1 kommentiert. So legte der wie ein Teufel geächtete Lance Armstrong bei seiner Rückkehr nach Frankreich zu einem Wohltätigkeitsrennen einmal gleich den Finger in die Wunde. „Warum bin ich nicht willkommen? Weil ich ein Doper bin? Wenn das die Regeln sind, ist die Karawane fast leer. Ich meine nicht die heutigen Fahrer, sondern den Presseraum, die Kommentatoren-Boxen, die Teamautos.“

Damit hat der Ober-Betrüger nicht einmal unrecht. Wirft er einen Blick durch die Reihen, erkennt Armstrong viele Weggefährten aus seiner dunklen Ära wieder. Das russische Team Katusha wird etwa von Wjatscheslaw Jekimow geleitet, der einst als langjähriger Armstrong-Helfer die Machenschaften bei US Postal hautnah miterlebt hat. Einen Bus weiter sitzt Alexander Winokurow auf dem Kommandostand von Astana, der die Tour mit seinem Blutdopingskandal 2007 fast in den Abgrund getrieben hatte. „Das Kapitel ist vorbei“, sagt der Kasache heute und lässt schnell ein paar einstudierte Sätze zur Anti-Doping-Politik seines Skandal-Teams folgen. Seiner Entourage gehören auch Sportdirektor Dimitri Fofonow (2008 bei der Tour überführt) und Giuseppe Martinelli an, der einst in der EPO-Hochzeit Marco Pantani begleitete.

Der Radsport hat sich gewandelt, heißt es unisono bei Fragen nach der Vergangenheit. Sogar Michael Rasmussen ist wieder dabei. Jener Rasmussen, der 2007 im Gelben Trikot kurz vor Paris stand, ehe das ganze Lügenkonstrukt über seine falschen Aufenthaltsorte vor der Tour zusammenbrach und Rabobank den Dänen nach Hause schickte. Ob die Leser der dänischen Zeitung Ekstrabladet dem früheren Bergkönig bei seinen Kolumnen heute glauben?

Glaubwürdigkeit, ein Begriff der im Radsport arg strapaziert wurde. Viele Protagonisten haben sich mit einem Doping-Geständnis die Rückfahrkarte in den Tour-Tross gesichert. Jonathan Vaughters, einst an Armstrongs Seite, gibt sich heute als Teammanager bei Garmin-Cannondale als Hardliner gegen Manipulationen. Unmittelbar nach dem Telekom-Skandal hatten auch Rolf Aldag und Brian Holm - heute in Tony Martins Etixx-Quick-Step-Team tätig - mit einer Beichte die Notbremse gezogen und ihre Läuterung glaubhaft gemacht.

Erik Zabels Tränen vor acht Jahren in Bonn wirkten auch echt. Dumm nur, dass bei Nachkontrollen 2013 noch vielmehr ans Tageslicht kam. Egal, als Markenbotschafter eines Rahmenherstellers gab auch der frühere Topsprinter mehrere Stippvisiten in Frankreich. Man sieht sich, man kennt sich. Die Zeit heilt alle Wunden. Von Kim Andersen (Trek) über Neil Stephens und Matthew White (beide Orica) bishin zu Steven de Jongh (Tinkoff) ist eine Doping-Vergangenheit nun wirklich kein Ausschlusskriterium.

Viele Doping-Fragen muss auch die britische Über-Mannschaft Sky beantworten. Sei es zur Vergangenheit von Sportdirektor Servais Knaven (früher Skandal-Team TVM) und Betreuer Peter Verbeken (einst US Postal) oder aber zu den schier unglaublichen Kletterleistungen von Spitzenreiter Christopher Froome. Zweifel an Froomes Sauberkeit hatte übrigens Jalabert ungeachtet seiner eigenen Vergangenheit selbst im Fernsehen gestreut. Gar nicht nett.