Früherer Schumacher-Manager: Holczer wusste von Doping

Stuttgart (dpa) - Was wusste Hans-Michael Holczer? Obwohl sich Radprofi Stefan Schumacher wegen Betrugsverdachts vor Gericht verantworten muss, stand am siebten Verhandlungstag sein damaliger Teamchef bei Gerolsteiner im Fokus.

Nach Angaben des früheren Managers von Schumacher wusste Holczer vom Doping seines Klienten. „Das Beste ist, wenn er sich nicht erwischen lässt“, zitierte Heinz Betz am Dienstag in Stuttgart eine vermeintliche Aussage von Holczer mit Blick auf die Doping-Klausel im Vertrag von Schumacher.

Schon im September 2006 habe Holczer dem damaligen Manager des Radprofis, so der als Zeuge geladene Betz im Betrugsprozess gegen Schumacher weiter, die Einnahme verbotener Mittel seines früheren Schützlings „zwischen Tür und Angel unter die Nase gerieben.“

Dem Radprofi wird vorgeworfen, sich Gehalt in Höhe von mehr als 150 000 Euro erschlichen zu haben. Trotz Nachfrage habe er im Jahr 2008 Doping bei der Tour de France geleugnet. Im Nachhinein war er positiv getestet und gesperrt worden.

Der mittlerweile des Dopings geständige Schumacher sagt, er habe seinen damaligen Teamchef Holczer nicht betrogen. Dieser habe von der Einnahme verbotener Mittel gewusst und es geduldet. Holczer, der auch schon als Zeuge geladen war, bestreitet das.

Betz, der Schumacher 2005 als Manager übernommen hatte, hatte nach eigener Aussage keine Kenntnisse vom Doping gehabt. „Mein Prinzip war, mich aus medizinischen Dingen und dem Sportprogramm rauszuhalten“, sagte der 48-Jährige. Gleichwohl räumte Betz auf die Frage ein, ob er glaube, Topleistungen seien im Radsport nur mit verbotenen Substanzen möglich gewesen seien? „Irgendwie schon.“

Betz vermisste eine klare Positionierung des Teams Gerolsteiner im Kampf gegen das Doping. Nichts habe damals darauf hingedeutet, „man unternimmt was“, kritisierte er. Als ihm Schumacher 2008 Doping gestanden habe, sei Betz bis ins Mark erschüttert worden: „Am 6. Oktober war ich fertig mit der Welt.“ Nach mehr als drei Stunden war die Vernehmung von Betz beendet, der seine Karriere als Radsport-Manager mittlerweile beendet hat und sich zu Schumacher weiterhin freundschaftlich verbunden fühlt.

Zuvor hatte Schumacher seine Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Holczer bekräftigt. Der damalige Teamchef habe stets nach außen hin dargestellt, dass seine Mannschaften sauber seien, betonte der 31-Jährige. „Hintenrum hat es ihm moralisch nichts bedeutet. Das war seine Art, Dopingkampf zu betreiben.“

Im konkreten Fall bezog sich Schumacher auf die Zeit der Rad-WM 2007 in Stuttgart. Als Vertreter des Teams Gerolsteiner hatte Holczer noch einige Monate zuvor, im Vorfeld der Tour de France, zusammen mit weiteren Rennställen den Ethik-Kodex des Mouvement Pour un Cyclisme Crédible (MPCC) abgesegnet.

Diese Vereinbarung der Bewegung für einen glaubwürdigen Radsport sah unter anderem vor, die Gesundheitsbücher der Fahrer untereinander austauschen zu können und die Profis bei der Einnahme von Kortison mit einer rund zweiwöchigen Schutzsperre zu belegen.

Der damalige WM-Teamarzt, der nach Angaben Schumachers zugleich auch Doktor bei Gerolsteiner gewesen war, habe dem heute 31-Jährigen jedoch die Einnahme von Kortison erlaubt. Begründung: Man befände sich bei den Titelkämpfen in Stuttgart bei einer Veranstaltung des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) und nicht bei einem Wettkampf von Gerolsteiner. „Für mich ist moralisch nicht erkennbar, wo da der Unterschied liegt“, meinte Betz. Schumacher zufolge hat Holczer, der damals für den BDR Teamleiter war, diese Entscheidung mitgetragen.

Der ehemalige Gerolsteiner-Boss wies den Vorwurf zurück. Er könne sich an die Diskussion erinnern und auch daran, „dass ich eine solche Sicht- und Vorgehensweise abgelehnt habe“, teilte er der Nachrichtenagentur dpa per Mail mit.

„Er hatte großes Interesse daran, dass ich eine gute Performance abliefere“, sagte Schumacher über Holczer. 600 000 Euro wäre demnach dem früheren Gerolsteiner-Teamchef ein WM-Titel des Radprofis wert gewesen. Mit der MPCC-Vereinbarung sei die ärztliche Schweigepflicht quasi aufgehoben worden, erläuterte Schumacher weiter, und dadurch habe sein früherer Teamchef auch klaren Einblick in die Gesundheitsbücher haben können. Am 24. Juni geht es weiter.