Greipel rettet WM-Bronze - Cavendish triumphiert

Kopenhagen (dpa) - André Greipel nannte sein Bronze ein „super Ergebnis“, und dennoch schien der Radprofi der vergebenen Chance nachzutrauern, erstmals seit 45 Jahren wieder das Regenbogen-Trikot des Weltmeisters nach Deutschland zu holen.

In einem fulminanten WM-Straßenrennen musste sich der Hürther nur dem weltbesten Sprinter Mark Cavendish aus Großbritannien und dem Australier Matthew Goss geschlagen geben. „Cavendish ist ein würdiger Weltmeister“, räumte der 26-jährige Greipel ein und ergänzte: „Ich hatte die Chance, Weltmeister zu werden, aber wir können glücklich sein mit dem dritten Platz.“

Auch im deutschen Team war man nach den furiosen und in höllischem Tempo absolvierten 266 Kilometern hoch zufrieden, dass es trotz Sturzpechs und Defekten zu Bronze reichte. „Das ist Weltklasse“, lobte der erfahrene Danilo Hondo seinen Kapitän Greipel. „Wir haben Bronze gewonnen und nicht Gold verloren“, betonte Bundestrainer Jan Schaffrath. „Unter diesen Umständen den dritten Platz zu erreichen, ist absolut super“, fand Tony Martin, der 75 Kilometer vor dem Ziel durch einen Massensturz den Anschluss verlor und im Finale fehlte.

Mit seiner Goldfahrt von Kopenhagen unterstrich dagegen Cavendish eindrucksvoll seinen Ruf, derzeit der schnellste Mann der Welt auf dem Rad zu sein. Zudem hatte der oft als Rüpel verschrieene Brite eine bärenstarke Mannschaft im Rücken. „Schade, dass nicht alle meine Jungs das WM-Trikot tragen können“, sagte Cavendish, der jetzt als Topfavorit in das olympische Straßenrennen 2012 in London geht. Zudem beendete Cavendish eine Durststrecke: Er ist der erste britische Weltmeister seit Tom Simpson (1965).

Die reinen Sprinter Cavendish und Greipel, der der erste deutsche Straßen-Weltmeister seit Rudi Altig (1966) werden wollte, waren vor 250 000 Zuschauern auch von der ansteigenden Zielgeraden nicht geschockt. Sie ließen den Klassiker-Spezialisten und Mitfavoriten Edvald Boasson Hagen und Philippe Gilbert keine Chance. Einzig Fabian Cancellara aus der Schweiz wurde Greipel gefährlich - nur Millimeter trennten die beiden auf der Ziellinie. „Aber ich wusste sofort, dass ich vorne lag“, behauptete der Deutsche nach dem Herzschlagfinale.

Greipel war von seinem Stamm-Anfahrer Marcel Sieberg, Routinier Hondo und dem jungen Marcel Kittel in Szene gesetzt worden - der ebenfalls bärenstarke John Degenkolb musste ausgerechnet kurz vor Schluss wegen Defekts vom Rad. „Es hätte in jeder Runde passieren können und ich wäre immer wieder an das Feld gekommen - nur nicht in der letzten!“, ärgerte sich Degenkolb. Greipel hätte die Bemühungen seiner Teamkameraden gerne mit Gold belohnt. „Es tut mir leid, dass ich es vermasselt habe“, meinte der Drittplatzierte.

Das Rennen von der Innenstadt Kopenhagens in einen Vorort und dort über eine 17 Mal zu befahrene Runde wurde in einem Irrsinns-Tempo absolviert - vor allem auf den letzten Kilometern gab der Zeitfahr-Silbermedaillengewinner Bradley Wiggins mächtig Gas. Attacken von Fahrern wie Gilbert waren damit praktisch unmöglich.

Ina-Yoko Teutenberg aus Mettmann hatte am Samstag bei den Frauen ebenfalls Bronze gewonnen - und auch sie wusste nach dem Rennen zunächst nicht genau, ob sie sich freuen sollte oder nicht. Bei ihrer fünften WM war die 36-jährige Gold-Kandidatin im Zielsprint gegen Giorgia Bronzini aus Italien und der Niederländerin Marianne Vos aber ohne Chancen. „Ich bin schon wirklich zufrieden“, sagte Teutenberg, als sie das Rennen kurz hatte sacken lassen können und dennoch mit eher langem Gesicht auf der Pressekonferenz saß. Freude sieht anders aus.

Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) zog mit fünf WM-Medaillen eine hochzufriedene WM-Bilanz - vor allem die vier Medaillen in den olympischen Disziplinen machen Hoffnung für die Spiele 2012 in London. Die Zeitfahrer holten durch den Wahlschweizer Tony Martin und die in München lebende Leipzigerin Judith Arndt Gold. In den Straßenrennen gewannen Teutenberg und Greipel Bronze. „Zweimal Gold und zweimal Bronze im Elitebereich: So erfolgreich war der BDR noch nie. Das war ein phänomenaler Sprint von Greipel“, freute sich Verbands-Vize Udo Sprenger. Zudem wurde die Juniorin Mieke Kröger im Zeitfahren Dritte.