Hushovd siegt in Gap - Rückschlag für Schlecks
Gap (dpa) - Angriff von Alberto Contador, Konter von Cadel Evans, bittere Pleite für die Brüder Schleck: Nach dem Pyrenäen-Patt haben die Spitzenfahrer der Tour de France mit einem fulminanten Ritt nach Gap einen Vorgeschmack auf die Entscheidung in den Alpen gegeben.
In den verregneten und bitterkalten Voralpen ist Tour- Titelverteidiger Alberto Contador erstmals warmgelaufen. Mit einer Überraschungsattacke zwang der zwei Wochen lang schwächelnde Spanier die Brüder Schleck auf der 16. Etappe erstmals in die Knie und machte in der Gesamtwertung viel Boden gut.
Beim „Tag der Norweger“ - Rad-Weltmeister Thor Hushovd holte sich den Etappensieg vor Landsmann Edvald Boasson Hagen - avancierte Cadel Evans endgültig zum ersten Anwärter auf den Tour-Sieg, als er Contador nicht nur folgen, sondern im Finish sogar leicht distanzieren konnte. Im Kampf um Gelb trennen den Australier am Dienstag nur noch 1:45 Minuten von Thomas Voeckler.
„Evans hat alles richtig gemacht“, musste Schleck-Teamchef Brian Nygaard anerkennen. Die Stimmung am Leopard-Bus nach den letztlich verpatzten 162,5 Kilometern brachte der Däne nur teilweise auf den Punkt. „Das war kein Super-Tag für uns“, räumte er ein. „Wir hatten heute einige schwierige Augenblicke, die Abfahrt war sehr gefährlich.“ Frank Schleck büßte auf Evans 21 Sekunden und Platz zwei ein - Andy Schleck kam nach einer schwachen Abfahrt vom Col de Manse kurz vor Gap gar 1:09 Minuten hinter dem Australier ins Ziel.
„Der Zeitverlust ist keine Tragödie. Wir verfallen nicht in Panik“, sagte Frank Schleck. „Ich hätte nicht mit einer Attacke gerechnet - das geht sicher auch auf die Kappe von Bjarne Riis.“ Der Teamchef des Spaniers - im Vorjahr noch in der Mannschaft der Schlecks - meinte: „Wir hatten uns vorher überlegt anzugreifen. Das war ein sehr schnelles Rennen und das tat einigen Personen nicht gut.“
Gezeichnet von den Strapazen der kalten und nassen Etappe kam Tony Martin als Vierter ins Ziel. „Ich habe seit den Pyrenäen Probleme mit der Rückenmuskulatur“, räumte der Deutsche ein, der mit einer Ausreißergruppe 62 Kilometer vor dem Ziel attackiert hatte. „Ich habe mich wieder einmal gezeigt. Ein vierter Platz ist aber natürlich nicht das, was ich mir gewünscht hatte“, sagte er weiter. „Als ich mit 20 Sekunden Rückstand auf Hushovd in die Abfahrt gestartet war, wusste ich, dass ich gegen einen solchen Weltklasse-Abfahrer keine Chance habe.“
Contador ließ seinem Versprechen, im Gebirge zu attackieren, schon in den Voralpen Taten folgen. Im einzigen Anstieg ging der Spanier 20 Kilometer vor dem Ziel mit peitschendem Regen im Gesicht mehrmals aus dem Sattel. Die ersten Angriffe konnten Evans und die Schlecks noch parieren, die dritte Attacke war zumindest für das Brüderpaar zu viel. „Contador ist zurück!“, sagte Nygaard. Der Spanier liegt 1:53 Minuten hinter Frank Schleck und nur noch 39 Sekunden hinter Andy Schleck.
Am Mittwoch biegt das Peloton endgültig in die Alpen ab, in denen die Entscheidung über den Gesamtsieg der 98. Tour fallen muss. Nach dem Abstecher ins italienische Pinerolo folgen am Donnerstag die knüppelharten Teilstücke zunächst auf den Galibier (Donnerstag) und dann die legendäre Kletterei zum Wintersportort L'Alpe d'Huez.
Im Hochgebirge droht den Fahrern ein Spektakel, auf das sie gerne verzichtet hätten: Die Wetteraussichten sind schlecht, auf den Pässen des Galibier und des Col Agnel erwarten das Peloton Temperaturen um den Gefrierpunkt und Schnee. Erst am Sonntag mussten 200 Hobbyradler im Sommer-Outfit vom bitterkalten Galibier gerettet werden.
Sollte tatsächlich Schnee auf dem 2744 Meter hohen Agnel oder dem 2645 Meter hohen Galibier liegen, könnte die 18. Etappe kurzfristig verändert werden. Schon 1996 hatten die Veranstalter wegen Eisregens und heftiger Winde eine Etappe verkürzt. Davon hatte Bjarne Riis profitiert und seinen Grundstein zum späteren Gesamtsieg gelegt.