Multikulti auf Mallorca Katusha-Profi Kittel mit Kapitäns-Aura

Cala D'Or (dpa) - Schweizer Lizenz, russische Regie, aber irgendwie deutsch: Das Katusha-Alpecin-Team hat den Touch der Rad- Nationalmannschaft, anders als die hierzulande lizenzierten Formationen Sunweb oder Bora-hansgrohe.

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Der zuletzt bei der Tour de France mit fünf Etappensiegen gefeierte Marcel Kittel als Kapitän, Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin als Zuständiger für die Rüttelpisten in Nordfrankreich sowie Rick Zabel und Nils Politt als wertvolle Assistenten: Der Matchplan für 2018 nahm im Trainingslager im Robinson-Club auf Mallorca erste Formen an. Dort waren einst auch regelmäßig Jan Ullrich, Erik Zabel und Co. abgestiegen.

Das meiste Geld für den geschätzten 17-Millionen-Euro-Etat steuert der Bielefelder Hauptsponsor bei. Die Fäden im Hintergrund zieht - wie schon zu Zeiten des einstigen Teamchefs Hans-Michael Holczer - Igor Makarow. Am Samstag drängte es den Russen bei der feierlichen Präsentation auf die Bühne.

Der Geschäftsmann sang in der Landessprache ein Loblied auf die neue Kooperation mit dem Shampoo-Hersteller aus Nordrhein-Westfalen. Der vielbeschäftigte Makarow hatte sich samt Bodyguards und Entourage - darunter auch der alte Armstrong-Freund und -Wegbegleiter Wjatscheslaw Jekimow - extra einfliegen lassen.

„Ja, so ein bisschen ist das wie eine Nationalmannschaft, obwohl wir multikulti sind. Ich mag das“, sagte Zabel junior, der im Sprintzug für Kittel eine feste Größe ist. Bei allen Profis steht die wegen der Fußball-WM eine Woche später als üblich beginnende Tour im Mittelpunkt der Jahresplanung.

„Natürlich ist das Gelbe Trikot auf der ersten Etappe wieder ein Thema“, sagte der mit insgesamt 14 Etappenerfolgen deutsche Rekordhalter Kittel, der zuletzt in den Massensprints in Frankreich konkurrenzlos war. Mit der Millionen-Investition in den Superstar hofft Katusha die miese Bilanz von 2017 vergessen zu machen.

„2017 war ein Hammerjahr für mich“, sagte Neueinkauf Kittel, der seinen Charme auch in englisch und flämisch versprühen kann. „Ich habe mich gleich wohl gefühlt, auch wenn ich 70 neue Namen lernen musste.“ Aber er weiß: „Die fünf Siege bei der Tour werden schwer zu toppen sein. Ich lass' mich nicht verrückt machen und gehe mit Tony Martin an der Seite mit viel Selbstvertrauen in die neue Saison.“

Die Frankreich-Rundfahrt und - wie für die meisten einheimischen Profis - die wiederbelebte Deutschland-Tour im August sind die Fixpunkte des Thüringers. Er will frisch in die Tour gehen und verzichtet auf die Ochsentour, die Martin vorschwebt.

Zabel, Martin, der zum ersten Mal den Doppelstart Giro d'Italia/Tour wagt, und der Österreicher Marco Haller sollen Kittel die Spurts anziehen. Der am Bodensee lebende Martin, neuerdings im Besitz einer Angler-Lizenz, sprach im Rückblick von einer „ernüchternden Saison“. Er sprach von Über-Motivation und zuviel Training.

„2017 war nicht mein Niveau“, sagte der viermalige Champion, der nur zwei magere Siege einheimste und jetzt beim Giro („Zwei schöne Zeitfahren„) neue Herausforderungen sucht. Obwohl er sich bei seiner bisher einzigen Teilnahme 2008 geschworen hatte: „Nie wieder!“

Er sei ein „Workoholic“, sagte Martin, der den Einsatz eines Mentaltrainers erwägt und sich freut, dass sein alter Kumpel Kittel wieder an seiner Seite fährt: „Das erhöht den Wohlfühl-Charakter. Er wird das Team mit seiner Leistung und Aura nach vorbringen.“