Scharping will BDR-Präsident bleiben

Frankfurt/Main (dpa) - Rudolf Scharping strebt nun doch eine dritte Amtszeit als Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer an. Innerhalb von 14 Tagen vollzog der SPD-Politiker damit eine rasante Kehrtwende.

Ende Februar hatte der 65-Jährige noch über die Verbands-Plattform „rad-net.de“ angekündigt, unter den „jetzigen Umständen“ bei der Jahreshauptversammlung in Gelsenkirchen am 23. März nicht mehr zu kandidieren. Scharpings Vorgängerin Sylvia Schenk hatte daraufhin erklärt, sie könne sich eine Rückkehr an die Verbandsspitze vorstellen.

Durch diese Kandidatur offenbar aufgeschreckt, will Scharping jetzt plötzlich nicht mehr abtreten. Wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien, „dann mache ich weiter“, kündigte Scharping in Frankfurt am Main an. Falls sich in Gelsenkirchen eine Mannschaft finde, „die funktioniert und die ein gemeinsames, klares Konzept verfolgt“, werde er sich der Abstimmung stellen, sagte Scharping.

Seine „privaten und geschäftlichen Belange“ müssten mit dem Amt in Einklang gebracht werden, erklärte Scharping, der das Präsidentenamt beim BDR 2005 übernommen hatte. Dass Schenk nun ihren Hut in den Ring geworfen hat, habe mit seiner Entscheidung nichts zu tun. „Frau Schenk ist nicht der Gegenstand meiner Überlegungen“, sagte der ehemalige Bundesverteidigungsminister.

Gut möglich, dass Schenk nun auf eine Kandidatur verzichtet. „Ich höre jetzt mal, was die anderen sagen. Dass er nun wieder antreten will, ist schon etwas merkwürdig. Ich habe ja nie aktiv Wahlkampf betrieben. Ich sage nach wie vor: Wenn es eine Aufbruchstimmung gibt, wäre ich bereit anzutreten. Aber im Moment ist diese Stimmung schwer auszumachen. Es müsste deutlich werden, dass neue Wege beschritten werden sollen“, sagte Schenk der Nachrichtenagentur dpa.

Seit dem Vorpreschen Schenks ist Scharping in die Offensive gegangenen, zunächst intern, nun in der Öffentlichkeit. „Er macht wieder Wahlkampf“, hatte Scharping-Kritiker Hans Lutz, Olympiasieger im Bahnvierer 1976 und Chef des Landesverbandes Württemberg, bereits vor einigen Tagen festgestellt.

Auch Scharpings Treffen mit Journalisten am Donnerstag war vom ehemaligen Kanzlerkandidaten bestens vorbereitet. Mit zahlreichen Dokumenten und Zeitungsartikeln versuchte Scharping, die Erfolge seiner beiden Amtszeiten zu belegen und sich als Vorkämpfer im Anti-Doping zu skizzieren.

„Das Jahr 2012 war das wirtschaftlich erfolgreichste Jahr in der Geschichte des BDR“, verkündete der Präsident, der auf der Versammlung am Samstag kommender Woche eine „schwarze Null“ präsentieren wird. Auch sportlich sei das Jahr „erstaunlich erfolgreich“ verlaufen, der zweite Platz im Nationen-Ranking bei den Olympischen Spielen in London könne sich sehen lassen. „Wir haben eine klare und erfolgsversprechende Perspektive für Rio 2016“, meinte Scharping stolz.

Dennoch gebe es in Bereichen wie Mitgliedergewinnung oder Verjüngung der Führungsebene noch viel zu tun, weshalb er einen Verzicht auf einen weitere Kandidatur als „Flucht“ empfinden würde. Er habe in den vergangenen Tagen viel Zuspruch erhalten und den Eindruck, dass die Landesverbände bereit seien, seine Forderungen für eine weitere Amtszeit zu erfüllen.

Dass der Radsport durch zahlreiche Dopinggeständnisse wie dem des entlarvten Superstars Lance Armstrong dennoch überwiegend negativ gesehen wird, bedauere er. Zumal er sich an der Spitze des BDR seit 2006 „vehement“ für den Anti-Dopingkampf engagiert habe. „Wir haben das aber nicht so gut kommuniziert, wie wir es gemacht haben“, meinte Scharping.

Einen ähnlichen Schritt wie in den Niederlanden, wo der Verband ehemalige Radprofis aufgefordert hat, sich bis zum 1. April zu möglichen Dopingvergehen zu äußern, hält Scharping in Deutschland nicht für nötig. „Wer soll sich denn da noch äußern?“, fragte der BDR-Präsident lakonisch. „Der deutsche Radsport hatte seine große Geständniswelle doch schon 2007“, meinte Scharping mit Blick auf die damaligen Aussagen der Telekom-Profis um Rolf Aldag und Erik Zabel.