UCI-Einspruch - Contador: Vertrauen in Anwälte
Berlin (dpa) - Angeblich hatte er erst nach dem Überqueren der Ziellinie der 4. Etappe der Katalonien-Rundfahrt vom bevorstehenden CAS-Verfahren gegen ihn erfahren. Alberto Contador fuhr jedenfalls unbeirrt von drohenden Sanktionen in der spanischen Region weiter Richtung Gesamtsieg.
Frühestens in einigen Monaten könnte der Sportgerichtshof CAS ihm die Rote Karte zeigen. Den Weg dazu ebnete der Weltverband UCI durch seinen Einspruch gegen den am 15. Februar vom Spanischen Verband RFEC erlassenen Doping-Freispruch für Contador.
Der dreifache Tour-de-France-Gewinner bleibt solange startberechtigt, bis die letzte sportrechtliche Instanz in Lausanne ein Urteil gefällt hat - das kann nach bisherigen Erfahrungen bis zu sechs Monate dauern. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat jetzt weitere drei Wochen Zeit, sich dem UCI-Schritt anzuschließen.
„Wir werden vor dem CAS meine Unschuld beweisen. Ich hätte mir gewünscht, es hätte keinen Einspruch gegeben“, sagte Contador im Ziel der 4. Etappe in El Vendrell. „Ich habe volles Vertrauen in meine Anwälte und deren Strategie.“ Er werde die Rennsaison „wie geplant und ohne Problem“ fortsetzen. Auf die Frage zu seiner Teilnahme an der Tour de France sagte er, er denke im Augenblick nur an den Giro, und da sei seine Teilnahme gesichert.
Er stützt sich bei seiner Verteidigung vor allem auf den renommierten belgischen Juristen Jean-Louis Dupont, den er nach dem RFEC-Freispruch engagiert hatte. Dupont war einer der Initiatoren des folgenschweren Bosman-Urteils im Fußball.
Gut möglich, dass der 28-jährige Madrilene, der am 21. Juli 2010 der Einnahme des Kälbermastmittels Clenbuterol überführt worden war, tatsächlich als Titelverteidiger am Start der kommenden Tour am 2. Juli steht. Auf jeden Fall dehnte die UCI ihre Einspruchsfrist, die am 24. März um 00.00 Uhr abgelaufen wäre, fast vollumfänglich aus, so dass der CAS in Bezug auf die Tour immer mehr in Zugzwang kommt.
Laut WADA-Reglement müsste Contador wegen Clenbuterol-Dopings zu zwei Jahren Sperre verurteilt werden. Sollte der CAS so entscheiden, verlöre der Spanier auch seinen dritten Toursieg. Bisher ist erst einem Radprofi in der 108-jährigen Tour-Geschichte der Titel wegen Dopings aberkannt worden: 2006 Floyd Landis. Der spanische Verband RFEC war bei seiner Urteilsfindung im Februar der Argumentation Contadors gefolgt, dass er beim Verzehr eines offensichtlich verunreinigten Steaks während der Tour 2010 nicht wissentlich und vorsätzlich gehandelt habe.
Nach „eingehendem Studium“ der 400 Seiten des spanischen Urteils rang sich die UCI zum Einspruch durch. „Jeder Fall für uns ist schmerzhaft“, erklärte UCI-Sprecher Enrico Carpani am Rand der Bahn-WM in Apeldoorn/Niederlande. Hauptgrund für den Einspruch sei gewesen, dass der Dachverband nicht an die „Steak-Version“ glaube. „Im Interesse für den Radsports brauchen wir eine unabhängige, glaubwürdige Entscheidung. Das ist kein Kampf gegen Contador“, sagte Carpani der Nachrichtenagentur dpa. Auf die Dauer des Verfahrens habe die UCI keinen Einfluss.
Auch für den RFEC-Präsidenten Juan Carlos Castaño kam der UCI-Schritt nicht überraschend. „Ich glaube, wir befinden uns erst in der ersten Halbzeit des Spiels“, hatte er nach dem von ihm verkündeten Freispruch erklärt. Castaño hatte im Februar eine bemerkenswerte Kehrtwende vollzogen, nachdem Staatspräsident José Luis Zapatero in einem Statement keine juristische Handhabe gegen Contador sah: Aus der ursprünglich empfohlenen Einjahressperre machte hatte der Verband in seinem Abschluss-Urteil einen Freispruch gemacht.
Contadors Teamchef Bjarne Riis, der ein schnelles CAS-Urteil anmahnte, stärkt seinem Kapitän noch den Rücken: „Solange es sich um einen Fall von unbeabsichtigt eingenommenen verbotenen Substanzen handelt, werden wir Alberto weiter unterstützen. Alles andere wäre unfair.“ Der umstrittene Madrilene, dessen Name schon 2006 in den Akten des mutmaßlichen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes aufgetaucht war, hatte Doping immer bestritten: „Ich bin das Musterbeispiel eines sauberen Sportlers.“