Bondscoach darf Totilas-Reiter Rath nicht trainieren
Kronberg (dpa) - Die Geschichte des Zehn-Millionen-Pferdes Totilas ist um ein kurioses Kapitel reicher. Sein deutscher Reiter Matthias Rath sollte ausgerechnet vom Nationaltrainer der Konkurrenz betreut werden - doch der niederländische Verband stoppte die Zusammenarbeit.
Die merkwürdigste Trainingsgemeinschaft des Pferdesports ist beendet, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat: Der niederländische Nationaltrainer Sjef Janssen darf bis zu den Olympischen Spielen in London nicht mit dem deutschen Dressur-Reiter Matthias Rath (Kronberg) zusammenarbeiten. Das teilte der niederländische Pferdesportverband KNHS nach einer hektisch einberufenen Krisensitzung in einer bemerkenswert knappen Ein-Satz-Pressemitteilung mit.
„Das ist zwar schade, aber kein Drama“, kommentierte Rath das schnelle Ende der gerade erst begonnenen Zusammenarbeit mit dem Bundestrainer der Konkurrenz. Nach Olympia will man allerdings loslegen. Der deutsche Reiter des umjubelten Dressurhengstes Totilas weiter: „Dann fangen wir eben mit dem gemeinsamen Training sechs Monate später an.“ Janssens Vertrag mit dem niederländischen Verband endete nach den Spielen in London.
Die Idee, ausgerechnet mit Janssen zusammenzuarbeiten, lässt den Frust bei der Totilas-Besitzergemeinschaft Paul Schockemöhle und Ex-Olympia-Reiterin Ann-Kathrin Linsenhoff nach der missglückten EM erahnen. Mit dem teuersten Dressurpferd der Welt war Linsenhoffs Stiefsohn Rath in Rotterdam an den Start gegangen, aber ohne Einzelmedaille und nur mit Mannschafts-Silber nach Hause gefahren. Im Jahr zuvor hatte der schwarze Hengst, der in der Szene als Wunderpferd gilt, mit dem niederländischen Reiter Edward Gal bei der Weltmeisterschaft noch drei Goldmedaillen geholt.
Das geplante Engagement von Janssen wirkt wie eine Verzweiflungstat. „Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe“, kommentierte das niederländische Fachmagazin „De Hoefslag“. Ausgerechnet der Bondscoach trainiert jenen Reiter, der nach dem teuersten Transfer in der Geschichte des Dressursports Medaillen für das Nachbarland holen sollte - unmöglich, fand auch der niederländische Verband.
Kaum war die Nachricht veröffentlicht, brach Hektik aus. Nach diversen Telefonaten stoppte der Verband die Aktion. Die Einschränkung, dass Janssen den Deutschen nur mit jungen Pferden und nicht mit Totilas trainieren werde, erschien den KNHS-Verantwortlichen wohl nicht sonderlich glaubwürdig.
Jetzt muss Rath vorerst ohne Janssen weiterarbeiten. „Wir stecken deswegen nicht den Kopf in den Sand“, kommentierte der 27-Jährige aus Kronberg: „Es ist ja schließlich nicht alles Käse, was ich die vergangenen 25 Jahre gelernt habe.“
Rath bezeichnet Janssen als „derzeit weltbesten Dressurtrainer“. Der Ehemann der dreimaligen Olympiasiegerin Anky van Grunsven ist allerdings in der Dressurszene wegen seiner Trainingsmethoden umstritten. Die sogenannte Rollkur füge dem Pferd Schmerzen zu, kritisieren vor allem deutsche Dressur-Experten. In diesem Zusammenhang ist auch der süffisante Kommentar des deutschen Bundestrainers Holger Schmezer zu der geplanten Zusammenarbeit zu verstehen: „Ich befürworte in erster Linie alles, was pferdegerecht zum Erfolg führt.“