Deußers Umweg in die Weltspitze

Balve (dpa) - Besserung war nicht unbedingt zu erwarten. Als Daniel Deußer vor knapp zwei Jahren von Holland nach Belgien zog, überwog die Skepsis. Bei allem Talent, der Weg in die Weltspitze war nicht zu erahnen.

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Schließlich wechselte der in Wiesbaden geborene Springreiter von einem Pferdehändler zum nächsten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Dass sich Deußer knapp 24 Monate später Weltcupsieger und nun auch zweimaliger deutscher Meister nennen darf, hat er sich damals selber nicht zu träumen gewagt. Auch wenn „mein Chef damals gesagt hat, dass er mir Spitzenpferde zur Verfügung stellen will“. Aber Stephan Conter, der Boss von Stephex Stables im belgischen Wolvertem, hielt tatsächlich Wort.

Der elegant reitende Deußer hat derzeit so viele gute Pferde im Beritt, dass er sogar mit seiner Nummer vier Erster bei den deutsche Meisterschaften werden kann. Mit First Class van Eeckelghem, wie der neunjährige Wallach mit vollem Namen heißt, setzte sich der 32-Jährige Reiter am Sonntag in Balve im Stechen durch. Kurioserweise gegen Tim Hoster, der ebenfalls in Belgien arbeitet.

First Class ist nicht die Nummer eins von Deußer, die heißt „ganz klar“ Cornet D'amour und trug Deußer vor vier Wochen in Lyon zum Weltcup-Sieg. Und dahinter kommen noch Evita und Fyloe - und dann erst First Class, den Deußer erst seit Beginn des Jahres reitet.

„Ich bin momentan in der glücklichen Lage, so viele Toppferde zu haben“, schwärmt Deußer. Das ist notwendig, um im nimmermüden Reitsport-Zirkus erfolgreich zu sein, um Woche für Woche bei anderen Turnieren vorne mitzureiten. Bis auf Platz sieben der Weltrangliste haben ihn die Pferde aus Conters Stall getragen, Tendenz steigend.

Deußer ist trotz der vielen Erfolge und Feiern realistisch geblieben. „Das ist ein Handelsstall, da muss auch mal der ein oder andere verkauft werden“, erklärt der Angestellte der Stephex Stables. Der Unterschied zu seinem vorherigen Arbeitgeber ist indes, dass Deußer ausreichend Toppferde behalten darf.

Bei Jan Tops, einem der größten Händler der Welt, waren die besten Pferde für Ehefrau Edwina Alexander-Tops vorgesehen und vor allem für den Weiterverkauf. Sechs Jahre war Deußer in Valkenwaard angestellt, nachdem er zuvor im Stall Herröder in Wallau gelernt und für Franke Sloothaak in Borgholzhausen gearbeitet hatte. „Ich habe da unheimlich viel gelernt“, sagt Deußer über die Zeit bei Tops.

Das gilt in mancherlei Hinsicht. Aus seiner Zeit bei Tops stammt auch eine immer noch laufende Auseinandersetzung mit der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Deren Vorgeschichte lastet wie ein dunkler Schatten auf der Karriere: 2007 war bei den von Deußer gerittenen Pferden Pristanna und Air Jordan jeweils das Dopingmittel Reserpine nachgewiesen worden.

Die Verfahren vor den Verbandsgerichten sind längst abgeschlossen. Aber die von Tops geförderte Klage gegen die FN vor staatlichen Gerichten läuft noch immer. Im Oktober steht der nächste Termin vor dem Richter an, Ende offen. Insofern ist der Umweg in die Weltspitze für Deußer noch lange nicht abgeschlossen.