FN-Sponsor fordert Einstellung des Werth-Verfahrens
Marktoberdorf (dpa) - Einer der wichtigsten Geldgeber setzt die Deutsche Reiterlichen Vereinigung (FN) in ungewöhnlicher Form massiv unter Druck.
Der Hauptsponsor Fendt mischt sich öffentlichkeitswirksam in die Gerichtsbarkeit der FN ein und fordert die Einstellung des Verfahrens gegen die Dressurreiterin Isabell Werth wegen verbotener Medikation. „Mit großer Verwunderung und Enttäuschung“ reagierte FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach auf diese Forderung: „Wir haben für diesen Schritt kein Verständnis.“
Der Vertragspartner der FN hatte sich unmissverständlich geäußert. „Wir lehnen entschieden die unfaire Behandlung der Weltklasse-Reiterin ab und fordern eine sofortige Einstellung des Verfahrens“, sagte Peter J. Paffen in einer Mitteilung. Der Sprecher der Geschäftsführung der AGCO GmbH ist verantwortlich für die Marke Fendt, die einer der wichtigsten FN-Geldgeber ist und als Hauptsponsor der Nationalmannschaften auftritt. Paffen bezeichnete die in erster Instanz ausgesprochene Sperre von sechs Monaten als „nicht gerechtfertigt“.
Die fünfmalige Dressur-Olympiasiegerin aus Rheinberg war im November wegen einer verbotenen Medikation von El Santo verurteilt worden. Bei ihrem Pferd war 2012 die Substanz Cimetidin festgestellt worden. Die Sperre ist wegen der Berufung nicht rechtskräftig. Werth darf daher weiterhin reiten.
Es sei unüblich, dass Sponsoren aktiv Einfluss auf juristische Verfahren nehmen, kritisierte FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau: „Wir haben für diesen Schritt kein Verständnis, zumal wir in den letzten Wochen unserem Partner Fendt angeboten hatten, ihm die Zusammenhänge unserer Verbandsgerichtsbarkeit zu erklären.“ Die FN könne und wolle keinen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse der eigenen Gremien nehmen.
Werth selbst betonte, dass sie von der Initiative des Unternehmens nichts gewusst habe. „Ich war selber überrascht“, sagte die Reiterin. „Es ist aber klar, dass ich mich nicht ärgere, wenn jemand meine Position unterstützt.“
Die Erste Kammer der Disziplinarkommission geht nach FN-Angaben davon aus, dass die positive Kontrolle auf eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung im Stall der Reiterin zurückzuführen ist. Das Richtergremium bestrafte das mit der halbjährigen Sperre, obwohl es sich nicht um einen Dopingfall handelt und Cimetidin nur in Deutschland, aber nicht international verboten ist.
Dass die öffentliche Parteinahme in einem laufenden Verfahren die FN und ihre Gerichtsbarkeit unter Druck setzt, verneint der Sponsor. „Das glaube ich nicht“, sagte Fendt-Pressesprecher Sepp Nuscheler: „Der Verband kann machen, was er will.“
Pikant ist die Angelegenheit auch dadurch, dass AGCO-Präsident Martin Richenhagen im Verband involviert ist. So fungierte der Manager des US-amerikanischen Fendt-Mutterkonzerns im vergangenen Jahr noch als Dressurrichter bei den deutschen Meisterschaften und war bei den Olympischen Spielen 2008 als Equipechef der deutschen Dressurreiter im Einsatz. „Das ist Sache der Marke Fendt, aber er ist natürlich dabei“, sagte der Sprecher des Landmaschinen-Herstellers zu Richenhagens Einfluss auf die öffentliche Parteinahme.
Werth hatte die positive Probe mit Problemen des Tränkensystems in ihrem Stall begründet und dafür einen Sachverständigen eingeschaltet. Die Disziplinarkommission hielt das für unwahrscheinlich. „Ich finde es nicht richtig, eine so anerkannte Reiterin aufgrund von spekulativen Äußerungen zu verurteilen und die Einschätzung von unabhängigen Sachverständigen einfach abzutun“, kommentierte Fendt-Geschäftsführer Paffen.