„Made in Germany“ gefragt: Exportschlager Pferde
Luhmühlen (dpa) - Nach den jüngsten Erfolgen der deutschen Vielseitigkeitsreiter sind Pferde „Made in Germany“ zum Exportschlager geworden.
Ein Jahr vor den Olympischen Spielen tummelt sich zahlungskräftige Kundschaft aus aller Welt auf deutschen Höfen, um noch einen hochkarätigen Vierbeiner für London 2012 zu ergattern. „Der Bedarf vor Olympia steigt“, sagt Holger Heigel, Vorsitzender des Vielseitigkeits-Ausschusses.
Einen Leidtragenden gibt es: Bundestrainer Hans Melzer. Vor drei Wochen musste er zwei Pferde von seiner Olympia-Liste streichen. Zunächst verkaufte Andreas Dibowski seinen 14 Jahre alten Leon, mit dem er 2008 Team-Olympiasieger geworden war, in die USA. Wenige Tage später teilte Kai Rüder dem Bundestrainer mit, dass er seinen neun Jahre alten Wallach Charlie Weld an die US-Reiterin Julian Stiller veräußert habe.
„In dem Moment war es sehr schmerzhaft, zwei Pferde zu verlieren, denen das Gelände in London liegt“, sagte der 60 Jahre alte Melzer. Bei der EM in Luhmühlen gilt seine Equipe aber auch ohne diese Pferde als Titel-Kandidat.
Dibowski, bei der EM vor seiner Haustür mit der Stute Fantasia dabei, sieht die gestiegene Nachfrage nach deutschen Pferden positiv. „Das ist eine Chance und belebt den Sport“, meint der 45-Jährige. Er fordert vom Deutschen Olympiade-Komitee für Reiterei (DOKR) aber ein Konzept, wie man talentierte Pferde halten kann. Schon jetzt ist das DOKR unter anderem an EM-Pferden beteiligt. Für Aufsehen sorgte der Einstieg beim Wallach Sam von Weltmeister Michael Jung, durch den ein Verkauf verhindert wurde.
Die Gründe für die Entwicklung liegen nicht nur in den Erfolgen bei Olympia und WM. Der Sport wird in Deutschland professioneller betrieben als vor Jahren. Wie Dibowski betreiben etliche Reiter Ausbildungsställe und verdienen mit dem Verkauf von Pferden ihr Geld. „Wir tragen auch Verantwortung für unsere Familien“, erklärt Stallbesitzer Dibowski. Von Preisgeldern kann niemand leben.
Doch auch die Ansprüche an die Pferde sind gestiegen, da die Reiter besser geworden sind. Zudem hat sich der Charakter der Prüfungen geändert. Heute haben Dressur und Springen eine fast so große Wertigkeit wie der Gelände-Teil. Gefragt sind Pferde, die mehr können als galoppieren.
Preise wie im Springen und der Dressur werden noch nicht gezahlt. Ein exzellentes Springpferd kostet bis zu sechs Millionen Euro. Paul Schockemöhle zahlte für das Dressur-Wunderpferd Totilas zehn Millionen Euro. Im Vergleich dazu ist ein Championats-Pferd in der Vielseitigkeit mit etwa 700 000 Euro ein Schnäppchen.
Dibowski rechnet damit, dass aber bald auch die Millionen-Grenze für die Pferde-Mehrkämpfer erreicht wird. Spätestens im Jahr vor Olympia 2016. Doch zunächst wird sich vom 1. Januar an der Markt wieder beruhigen. Pferde, die dann gekauft werden, dürfen nämlich nicht mehr bei Olympia 2012 mit ihren neuen Reitern starten.