Rekordmatch: Boll begeistert Tischtennis-Fans in Hamburg
Hamburg (dpa) - „Bollywood“ liegt eigentlich am Rhein. In Düsseldorf begeistert Tischtennisstar Timo Boll seit 2007 die Fans. Im Alltag kommen meist um die 1000 Fans, bei besonderen Spielen sind es auch schon mal 3000 oder etwas mehr.
Doch am Freitagabend lag Deutschlands Tischtennis-Hauptstadt an der Elbe: 5492 Besucher sorgten in Hamburg beim 3:1 von Rekordmeister Borussia Düsseldorf über den ärgsten Rivalen TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell für einen Zuschauerrekord.
„Das war Weltklasse“ kommentierte Rekord-Europameister Boll die gute Stimmung in der O2 World und den ungewohnten Zuspruch. Die fast acht Jahre alte Bundesliga-Bestmarke von 4500 Zuschauern bei der Partie des TTC Frickenhausen gegen Düsseldorf in Stuttgart wurde deutlich übertroffen. Das Prädikat „Weltklasse“ hatte sich auch der 33-Jährige verdient, der mit einer Gala-Show die Fans begeisterte.
Nichts von der dreiwöchigen Wettkampfpause war Boll anzumerken, als er die Partie mit einem glatten 3:0 gegen Ruwen Filus eröffnete. Anschließend verlor Düsseldorfs Inder Kamal Achanta ebenso deutlich gegen Fuldas chinesischen Abwehrer Wang Xi, ehe Patrick Franziska die Borussia durch ein 3:1 im Prestigeduell gegen Christian Süß - vor dieser Saison mehr als ein Jahrzehnt im Düsseldorfer Trikot - wieder mit 2:1 in Führung brachte.
Im hochklassigen Spitzeneinzel gegen Wang feierten die Besucher dann Boll mit La Ola. Der Linkshänder gewann die ersten beiden Sätze und schien auf dem Weg zu einem klaren Sieg. Doch Wang, der im Sommer seinen deutschen Pass bekommt, rettete sich in den Entscheidungssatz. In diesem führt der Chinese mit 4:3 - und machte danach keinen Punkt mehr. „Timo ist schon fast wieder auf seinem höchsten Niveau“, meinte Süß. „Gratulation an die Borussia, sie hat verdient gewonnen. Es war toll, vor dieser großartigen Kulisse zu spielen.“
Der Schnitt der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) betrug vor dem Hamburger Spiel 420 Besucher, Zuschauerkrösus war Düsseldorf mit 897 Fans pro Partie. Schlusslichter sind Frickenhausen (232) und Hagen (211), zwei weitere Clubs lagen unter der 300er Marke. Beim Spiel von Hagen gegen Ochsenhausen hatten sich zuletzt 80 Besucher in der Halle verloren. „70 Mal Hagen“, sagte Borussia-Manager Andreas Preuß angesichts der ungewöhnlichen Kulisse in der Hansestadt.
Auch Reformen wie eine Modifizierung des Spielsystems hin zu den international üblichen Dreier-Teams haben nichts daran geändert, dass die TTBL unter einem chronischen Aufmerksamkeitsdefizit leidet. Tischtennis ist mit 588 547 Mitgliedern die Nummer zwölf in der Rangliste der deutschen Sportverbände und liegt damit vor Volleyball und Basketball. Aber der Tischtennisspieler schaut lieber beim Fußball oder Handball zu. Der Besucherschnitt in der TTBL ging in den vergangenen Jahren sogar zurück.
Hamburg hat aber gezeigt, dass es möglich ist, die Massen anzuziehen. Dafür hatte es an der Elbe auch Unterstützung von den Kickern des Hamburger SV gegeben. „Einzigartig! Wahnsinn!“, sagte Mathias Grundei vom veranstaltenden SC Poppenbüttel. „Das war ein großartiger Abend für Tischtennis, den sich unsere Sportart verdient hat“, kommentierte Bundestrainer Jörg Roßkopf.
Der Doppel-Weltmeister hatte sich vor der Partie mit Pianist und Verbandsligaspieler Joja Wendt eine Tischtennis-Partie auf dem Klavier-Flügel geliefert. HSV-Kultfigur Lotto King Karl sang, und auch der überragende Boll dankte dem Veranstalter. „Dieses Event war wichtig für unseren Sport“, sagte Deutschlands Tischtennisstar.