Schaffelhuber mit zweitem Paralympics-Gold
Krasnaja Poljana (dpa) - Anna Schaffelhuber nippte an einem Glas Wasser, die Eltern bevorzugten Sekt. Nach ihrer zweiten Goldmedaille bei den Paralympics im Super-G schaltete die 21-Jährige blitzschnell vom gemäßigten Feiermodus wieder auf volle Anspannung um.
Schon winkt in der Super-Kombination der nächste Sieg. Insgesamt könnte die querschnittsgelähmte Bayerin bei den Sotschi-Spielen im „Rosa Chutor“-Alpinzentrum gar fünf Goldmedaillen einheimsen. „Das wäre schon richtiger Wahnsinn. Es erscheint mir aber momentan absolut undenkbar“, kommentierte sie beim abendlichen Empfang im Deutschen Haus von Krasnaja Poljana.
Überschattet von schweren Stürzen zweier Konkurrentinnen raste Schaffelhuber zum zweiten Triumph nach der Abfahrt am Samstag. „Auf dieser schwierigen Strecke ist sie zurzeit das Maß aller Dinge“, schwärmte der deutsche Verbandschef Friedhelm Julias Beucher. „Sie hat so souverän Gold geholt, dass sie damit automatisch in die Favoritenrolle rückt“, sagte er mit Blick auf die noch ausstehenden Wettbewerbe Slalom, Riesenslalom und Superkombination.
Die technischen Disziplinen sind zudem die stärksten der querschnittsgelähmten Bayerin, die sich vor der Österreicherin Claudia Lösch und Laurie Stephens (USA) durchsetzte. „Jetzt geht alles. Sie kann eine ganz Große werden“, meinte Beucher, wenngleich der frühere Bundestagspolitiker von der Maximalausbeute von fünf Goldmedaillen für das deutsche Covergirl noch nichts wissen wollte. Verena Bentele hatte 2010 bei den Spielen von Vancouver dieses Kunststück auf der Biathlon- und Langlaufstrecke vollbracht und weit über den Behindertensport Aufmerksamkeit erlangt. Inzwischen ist sie die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung.
Schaffelhubers Mama Beate waren mögliche Rekorde völlig egal - sie war nur froh, dass ihre Tochter angesichts der vielen schlimmen Stürze heil unten ankam. „Ich bin erleichtert ohne Ende. Ich hatte so einen Bammel, wenn man die Stürze von der Abfahrt am Samstag gesehen hat, ich war morgens schon fix und fertig“, sagte sie, kurz nachdem sie ihre Tochter wieder in ihren Armen hatte.
Nicht nur die Mutter musste sich Sorgen machen ob der vielen schweren Unfälle. Am Montag überschlugen sich die US-Monoskifahrerinnen Alana Nichols und Stephani Victor nach Fahrfehlern auf der Piste in der Luft und mussten mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden. Beide seien „bei Bewusstsein und ansprechbar“, teilte das US-Team kurz darauf mit. „Es ist sehr warm, die Piste sehr weich - das war die große Herausforderung. Ich habe bei den Schlüsselstellen etwas Tempo herausgenommen“, beschrieb Schaffelhuber ihr Erfolgsrezept bei weiter frühsommerlichen Bedingungen.
„Anna hat alles richtig gemacht, sich auf dieser schweren Piste keinen Fahrfehler geleistet“, fand Beucher. Nur vier von acht Fahrerinnen waren bei den sitzenden Monoskifrauen ins Ziel gekommen. Der deutsche Chef hatte schon am Sonntag die Stürze zum Anlass für Reformüberlegungen genommen. „Ich habe meine Zweifel, ob die Strecke nicht zu schwer ist“, sagte er, schränkte aber ein: „Meine Experten sagen mir, es ist alles okay.“ Bei einem Fahrfehler allerdings sei jeder Athlet „raus und hochgefährdet“, erkannte er.