22 Titel wie Graf - S. Williams endlich am Ziel
London (dpa) - Der Rekord von Steffi Graf bereitete Serena Williams sogar schlaflose Nächte. So verspürte die weltbeste Tennisspielerin vor allem „offensichtlich eine große Erleichterung“, als es mit dem 22. Grand-Slam-Titel endlich geklappt hatte.
„So nahe dran zu sein, es schon spüren zu können und doch nicht ganz hinzubekommen“, beschrieb die 34-Jährige ihr Dilemma. „Das hat mir Druck bereitet.“
Mit dem 7:5, 6:3 im fantastischen Wimbledon-Endspiel gegen Angelique Kerber vollbrachte sie ihr nächstes schillerndes Erfolgskapitel. Sie egalisierte die Bestmarke der deutschen Tennis-Legende bei den vier wichtigsten Turnieren. „Was für eine unglaubliche Vorstellung von Serena in Wimbledon!“, gratulierte Graf fair aus dem fernen Las Vegas. Es sei ein „Geschenk für alle Sportfans“, der Weltranglisten-Ersten dabei zusehen zu können, wie sie einer bereits tollen Karriere Titel Nummer 22 hinzufüge.
Dieser sehnsüchtig erwartete Turniererfolg hatte die Amerikanerin ein wenig angreifbar gemacht, sie mochte das Thema vor ihrem siebten Wimbledon-Titel nicht mehr kommentieren. Denn seit dem vergangenen Jahr rannte sie der Bestmarke hinterher. Eigentlich war sie schon im September fällig. Bei den US Open hätte Williams den Grand Slam mit den Siegen bei allen vier bedeutendsten Turnieren der Saison perfekt machen können. Sie scheiterte im Halbfinale am unermesslichen Druck von außen und an der Italienerin Roberta Vinci.
Anschließend verlor sie die nächsten zwei Grand-Slam-Finals, gegen Kerber in Melbourne und gegen die Spanierin Garbiñe Muguruza in Paris. Dabei kennt sie Pleiten in den größten Momenten eigentlich kaum. 22 ihrer 28 Grand-Slam-Endspiele entschied sie für sich. „Ich habe gelernt, dass man nicht alles gewinnen kann“, resümierte sie.
Gegen Kerber war ihr die Nervosität im ersten Satz anzumerken. Doch sie zog das Match mit ihrer Klasse und Souveränität durch. Nur ihre Schwester Venus, mit der sie knapp fünf Stunden später auch das Wimbledon-Doppel gewann, jubelte in ihrer Box nicht auf Anhieb, als sie den Matchball verwandelte. Die 36-Jährige hatte sich schlicht verzählt. „Es ist unglaublich schwierig, nicht an Grafs Rekord zu denken“, räumte Serena Williams anschließend ein.
Ende September wird die Amerikanerin 35, noch immer ist die Powerfrau die Nummer eins. Mit ihrem Tempo und ihrer Aufschlaggewalt kann sie die Szene weiter dominieren. Noch wird ihr Tennis nicht langweilig, solange sie gewinnt und den Ehrgeiz hat, weiter hart zu arbeiten.
So zielte auch eine Frage an sie darauf ab, ob nicht 24 oder 25 Grand-Slam-Titel sowie die Bestmarke von neun Wimbledon-Titeln von Martina Navratilova lohnenswerte Anreize wären. Die Australierin Margaret Smith Court sicherte sich einst 24 Grand-Slam-Siege im Amateur- und Profibereich. „Oh Gott, Nein“, antwortete Williams.
„Ich habe bei der Diskussion um die 22 viel gelernt. Ich habe gelernt, mich in die Debatten nicht einzumischen“, sagte sie. „Ich habe gelernt, einfach Tennis zu spielen. Das ist das, was ich am besten kann.“