Aus dem Nichts: Gojowczyk vor Debüt im Davis Cup
Nancy (dpa) - Es hat ein bisschen etwas von der ersten Klassenfahrt ins Ausland. Peter Gojowczyk, Jan-Lennard Struff, Tobias Kamke und Andre Begemann sitzen auf dem Podium des Presseraums im Palais des Sports Jean Weille von Nancy und wissen nicht so recht, wohin mit ihren Blicken und Worten.
Zwar sind die vier Tennisprofis schon seit ein paar Jahren auf der ATP-Tour dabei und haben bereits Erfahrungen auf großen Plätzen gesammelt. Doch nun steht mit dem Viertelfinale im Davis Cup bei den scheinbar übermächtigen Franzosen an diesem Wochenende das erste richtig große Abenteuer an.
Das deutsche Quartett sucht deshalb ein bisschen Halt an ihrem ebenfalls noch nicht besonders erfahrenen Teamchef Carsten Arriens. „Natürlich ist die Ansprache eine etwas andere, man muss ein bisschen mehr führen“, sagt dieser mit Blick auf seine - nicht immer ganz einfachen - Erfahrungen mit den Etablierten.
Nach den Verletzungen von Philipp Kohlschreiber, Tommy Haas und Florian Mayer sowie dem krankheitsbedingten Fehlen von Daniel Brands war Arriens zum von vielen bereits lange geforderten Neuaufbau gezwungen. Auch Gojowczyk erhielt einen Anruf des Bundestrainers.
„Für mich ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen“, sagte Gojowczyk am Dienstag bei seiner ersten Pressekonferenz als deutscher Tennis-Nationalspieler. Noch recht schüchtern sitzen er und seine Kollegen vor den Medienvertretern. Nur Kamke hat bereits im Davis Cup Erfahrung gesammelt, er war Anfang 2013 bei Arriens' Debüt in Argentinien dabei. Für den Rest ist der prestigeträchtige Mannschaftswettbewerb Neuland.
„Es ist eine große Ehre für mich, für Deutschland zu spielen“, sagt Gojowczyk. Seine Blicke wandern noch ein wenig zögerlich durch den nahezu leeren Presseraum, die Stimme stockt ein bisschen. „Ich möchte mich auch bei Carsten noch einmal recht herzlich für die Einladung bedanken.“
Der Teamchef hält schon länger große Stücke auf ihn. Bereits in der Jugend haben die beiden zusammengearbeitet, der 24-Jährige gilt als eine der größeren Hoffnungen im mit Nachwuchsspielern nicht besonders reich bestückten deutschen Herrentennis. Von Kindesbeinen an spielte der Sport bei ihm eine große Rolle. Anfangs probierte er sich im Badminton, schnell kam der Wechsel zum Tennis. 2007 stand er erstmals unter den Top 500, aber der ganz große Durchbruch ist dem Süddeutschen mit dem Pferdeschwanz dann doch noch nicht gelungen.
Erst Ende 2013 nahm die Öffentlichkeit Notiz von ihm, bei den US Open schaffte er es über die Qualifikation in die zweite Runde. Er sei ganz schön nervös, gestand die aktuelle Nummer 119 der Welt damals, als er erstmals zu einer Presserunde gerufen wurde. Richtig aufmerksam wurden die deutschen Tennisfans auf Gojowczyk dann Anfang des Jahres, als er beim Turnier in Doha den Weltranglistenersten Rafael Nadal im Halbfinale am Rande einer Niederlage hatte.
„Das war sicher eines meines besten Matches“, sagte Gojowczyk, der selbst Nadal mit seiner Unbekümmertheit überraschte. Der gleichen Lockerheit bedarf es jetzt bei seinem Davis-Cup-Debüt, denn wenn die Eindrücke nicht täuschen, dürfte Arriens im Einzel gegen die starken Franzosen auf Kamke und Gojowczyk setzen. Aber bis Freitag ist es ja auch noch ein bisschen hin. „Die Jungs machen das schon“, sagt Arriens - und seine 'Schüler' nicken zustimmend.