Boris Beckers Grand-Slam-Debüt als Trainer
Melbourne (dpa) - Jetzt wird es ernst für Boris Becker! Nach dem leichten Aufgalopp in Abu Dhabi gibt Deutschlands Tennis-Legende sein Grand-Slam-Debüt als Trainer. Für seinen neuen Schützling Novak Djokovic geht es bei den Australian Open nur um ein Ziel: den vierten Melbourne-Titel nacheinander.
Dementsprechend groß ist auch der Druck auf Becker, dessen überraschende Zusammenarbeit mit dem Weltranglisten-Zweiten von vielen immer noch kritisch und ungläubig betrachtet wird.
Von Djokovic gab es aber noch einmal eine riesige Portion Vorschusslorbeeren. „Ich habe den größten Respekt vor dem, was er in seiner Karriere erreicht hat“, sagte der Serbe über den dreimaligen Wimbledonsieger. Angst, das Experiment könne scheitern, hat der sechsmalige Grand-Slam-Turnier-Champion nicht. „Immer wenn du in deinem Leben etwas veränderst, besteht ein gewisses Risiko. Aber ich denke nicht aus dieser Perspektive“, sagte Djokovic, der zum Auftakt auf den Slowaken Lukas Lacko trifft.
Beim Training stand das ungleiche Duo in der Rod Laver Arena gemeinsam auf dem Platz. Becker, in blauem T-Shirt und blauer Trainingshose sowie mit weißer Mütze, schlug Djokovic und dessen Trainingspartner Radek Stepanek locker ein paar Bälle zu, die Stimmung auf dem Centre Court war bestens. Als Stepanek mit einem Aufschlag Becker die Mütze vom Kopf schoss, brachen alle Drei in schallendes Gelächter aus. „Das haben die jetzt alles auf Kamera“, witzelte Becker mit Blick auf die Fotografen.
Doch was verspricht sich Djokovic wirklich von der Verpflichtung Beckers? „Ich denke, der größte Aspekt wird im mentalen Bereich liegen“, erklärte Djokovic. Seine Generation könne von Becker und Andy Murrays Trainer Ivan Lendl viel lernen, wenn es darum gehe, in den wichtigen Momenten auf dem Platz die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Richtig gegeneinander gespielt haben Djokovic und Becker noch nicht. Das lässt der körperliche Zustand des 46-Jährigen nach Hüft- und Sprunggelenksoperationen noch nicht zu. Zu eingeschränkt ist der gebürtige Leimener in seinen Bewegungen, das wurde auch bei der Einheit am Sonntag deutlich.
Dass in Becker, Lendl und Stefan Edberg nun einige ehemalige Weltklassespieler als Trainer auf die Tour zurückkehren, begrüßt Djokovic sehr. Doch von diesem Montag an sollen die Stars von früher die Bühne wieder den Helden der Gegenwart überlassen. Djokovic ist dabei der Gejagte, auch wenn der Spanier Rafael Nadal als Nummer eins der Welt ins Jahr startet und diesen Status unabhängig von seinem Abschneiden in Melbourne auch nach der mit rund 33 Millionen Dollar dotierten Major-Veranstaltung behalten wird.
Das mallorquinische Kraftpaket, das im vergangenen Jahr wegen seiner Knieverletzung passen musste, wäre bei einem Sieg Down Under der erste Spieler seit Einführung des Profitennis, der die vier Grand-Slam-Turniere in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York jeweils zweimal gewonnen hat. Bislang schafften das lediglich die beiden Australier Rod Laver und Roy Emerson in grauer Vorzeit. „Das wird eine schwere Aufgabe, ich werde sie in den kommenden Jahren angehen“, sagte Nadal.
Schließlich ist die Konkurrenz groß, zumal der Spanier eine sehr schwere Auslosung erwischte und auf dem Weg ins Endspiel bereits auf Roger Federer, Andy Murray oder Juan Martin del Potro treffen könnte. Doch schon der Auftakt gegen den australischen Hoffnungsträger Bernard Tomic hat es in sich. „Das ist sicherlich nicht das beste Szenario für eine erste Runde“, sagte Nadal, dem zudem der schnelle Bodenbelag zu schaffen macht. „Das sind die schnellsten Bedingungen, unter denen ich hier in Australien je gespielt habe.“
Bei den Damen geht Serena Williams als klare Favoritin an den Start. Titelverteidigerin Victoria Asarenka und der gerade erst von einer Schulteroperation genesenen Maria Scharapowa werden lediglich Außenseiterchancen eingeräumt - solange Williams gesundbleibt.
Und die Deutschen? Die standen in den Tagen vor Turnierbeginn im Schatten von Becker. Doch vor allem Angelique Kerber und Sabine Lisicki haben durchaus das Potenzial, zumindest die erste Woche zu überstehen. Bei den Herren ruhen die deutschen Hoffnungen auch 2014 auf Routinier Tommy Haas, auch wenn sich Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer zu Jahresbeginn in guter Form präsentierten. Die größten deutschen Chancen auf den Titel hat aber ein anderer - Boris Becker.