Erstmals seit 1995 deutsches Quartett im Achtelfinale
London (dpa) - Erstmals seit 1995 steht ein deutsches Quartett in der zweiten Wimbledon-Woche.
Der neuen Tennisgeneration Angelique Kerber, Sabine Lisicki, Florian Mayer und einem furiosen Philipp Kohlschreiber gelang das, was zuletzt vor 17 Jahren Steffi Graf, Anke Huber, Boris Becker und Alexander Mronz geschafft hatten. Kohlschreiber zog am Samstag mit einem lockeren Dreisatzsieg über Nadal-Bezwinger Lukas Rosol nach und meinte lässig: „Wenn's jetzt auch noch mit dem Viertelfinale klappt, wär's natürlich unmenschlich geil!“ US-Qualifikant Brian Baker ist eine lösbare Aufgabe. Die Damen freuen sich derweil auf Superstars als Gegnerinnen: Lisicki auf Maria Scharapowa, Kerber auf Kim Clijsters auf Abschiedstour.
Ein Lob für die Weltranglisten-Achte Kerber gab es von der großen Martina Navratilova. „Es macht Spaß, ihr zuzugucken. Sie hat sehr viel Selbstvertrauen im Moment und ist eine große Wettkämpferin“, sagte die 55-Jährige der Nachrichtenagentur dpa. Und auch Clijsters zeigte reichlich Respekt: „Sie spielt in letzter Zeit ein wirklich gutes Tennis. Kerber ist eine Fighterin und ein physisch sehr starkes Mädchen.“
Kerber wiederum geht mit ein bisschen Ehrfurcht ins erste Duell mit der vierfachen Grand-Slam-Turniersiegerin: „Ich werde das Spiel genießen. Sie ist eine Supersportlerin, hat so viel geleistet und war früher mein Vorbild - zusammen mit Steffi Graf.“ Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner traut der Kielerin den Sieg gegen die 29-Jährige zu, die nach den US Open ihre Karriere endgültig beenden will. „Angie hat einfach drei sehr starke Matches gespielt bisher. Sie ist schwer zu schlagen in dieser Form.“
Lisicki sieht Rittner dagegen als klare Außenseiterin gegen die Nummer eins der Welt, Scharapowa. „Gegen Schara muss sie sich sehr steigern, um mithalten zu können“, sagte Rittner. Aber die Vorjahreshalbfinalistin Lisicki, die zuletzt im Formtief steckte, „liebt solche großen Matches“, wie sie selbst sagt. Und da kann sie sich extra pushen. Es ist die Neuauflage des Halbfinal-Duells von 2011. Damals verlor Lisicki in zwei Sätzen, bei den Australian Open konnte sie ihr einen Satz abtrotzen. Lisicki meint: „Maria ist eine Kämpferin und hat viel Selbstvertrauen nach ihrem French-Open-Sieg. Sie ist einfach ein Champion, und ich freu' mich auf das Match.“
Auch Kohlschreiber ist heiß auf sein erstes Achtelfinale in Wimbledon. Und nachdem der Augsburger den Überraschungsmann des Turniers, Rosol (ATP 100), mit 6:2, 6:3, 7:6 (8:6) gestoppt hat, nimmt er es wieder mit einem Spieler mit einer besonderen Story auf: Der 27-jährige Brian Baker (USA) war nach Operationen an der Hüfte, an der Leiste und am Ellenbogen für sechs Jahre von der Profi-Tour verschwunden und arbeite als Assistenzcoach des Tennisteams der Belmont University in Nashville. Nun gibt er sein Wimbledon-Debüt. Der an 27 gesetzte Kohlschreiber peilt den ersten Viertelfinaleinzug bei einem Grand-Slam-Turnier an und meinte: „Es ist eine großartige Chance, wenn man unter den letzten 16 mal nicht auf Roger Federer, Nadal oder Andy Murray - also einen der großen Jungs - trifft.“
Und dann ist da noch Florian Mayer. Der unscheinbare, grüblerische Bayreuther spielte sich still und leise ins Achtelfinale. Dort ist er gegen den Franzosen Richard Gasquet keineswegs chancenlos. Mit zwei Fünf-Satz-Siegen zuletzt überzeugte er als Marathon-Mann, er wehrte gegen Jerzy Janowicz (Polen) zwei Matchbälle ab. Am Samstag schlenderte Tennis-Fan Felix Magath über die Anlage und sagte: „Die deutschen Frauen haben vielleicht die größeren Chancen, möglichst weit zu kommen, aber ich drücke auch dem Florian Mayer die Daumen.“