30. Grand-Slam-Finale Federer im Finale der Australian Open - Chung gibt auf
Melbourne (dpa) - Ende November trafen sich Roger Federer und Marin Cilic zufällig im Urlaub auf den Malediven. Zweimal spielten sie zusammen Tennis, trafen sich später auf einen Drink, aßen gemeinsam mit Federers Familie und Cilics Verlobter Kuchen.
„Wir hatten Spaß, es war eine gute Zeit“, erzählte der 36 Jahre alte Schweizer nach seinem ungewöhnlichen Halbfinal-Einzug bei den Australian Open.
Sein südkoreanischer Gegner Chung Hyeon gab am Freitag nach etwa einer Stunde beim Stand von 1:6, 2:5 wegen Blasen am Fuß auf - und so kommt es nun im Endspiel am Sonntag (09.30 Uhr MEZ) zu einer Neuauflage des letztjährigen Wimbledon-Finals zwischen Federer und Cilic. Und wieder einmal musste der Altmeister aus Basel Fragen nach Rekorden, Zahlen und Historie beantworten.
Mit seinem siebten Australian-Open-Finale ist er jetzt alleiniger Rekordhalter vor Novak Djokovic. Sein 30. Grand-Slam-Endspiel ist ein Alleinstellungsmerkmal in der Geschichte des Profi-Tennis. Ein Sieg gegen Cilic wäre Nummer 20 bei den vier wichtigsten Veranstaltungen. In dieser Phalanx bewegen sich nur Margaret Court (24), Serena Williams (23) und Steffi Graf (22). „Das ist eine unglaubliche Zahl, eine vor Jahren noch unvorstellbare Zahl“, sagte Federer.
Vor einem Jahr war er voller Ungewissheit und Selbstzweifel nach Melbourne gereist. Er gewann den Titel nach einem epischen Fünf-Satz-Finale gegen Rafael Nadal. Nach seiner Verletzungspause 2016 startete er damit eins der wundersamsten Comebacks der Tennisgeschichte. In Wimbledon brach er nach dem achten Triumph auf dem „Heiligen Rasen“ vor den Augen seiner vier Kinder in Tränen aus.
Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten Andy Murray, der wegen einer Hüftoperation gar nicht erst angetreten war, Rafael Nadal, der im Viertelfinale gegen Cilic aufgab, und Djokovic, der von Chung aus dem Turnier geworfen wurde, kam Federer in diesem Jahr gesund und topfit in die Metropole am Yarra River. Ein steifer Rücken an ein, zwei Tagen in der Vorbereitung waren die einzigen Beschwerden. Er ließ einen bemerkenswerten Auftritt dem anderen folgen. Sportlich kaum gefordert, gab der doppelte Zwillingspapa noch keinen Satz ab.
Abseits der Plätze erzählt er von seiner Zeit als Teenager Ende der Neunzigerjahre, als er mit seinem damaligen Trainer Peter Carter in einem Oldtimer durch Melbourne fuhr und nur die Mücken dabei nervten. Er ermuntert seine Kollegen, in Pressekonferenzen offener aufzutreten und keine Angst vor den eigenen Aussagen zu haben. Er erkundigt sich scherzend bei Journalisten, wie diese denn so mit ihren Verletzungen umgehen. Am Kids Day blödelt er mit einem verkleideten Spiderman herum und sagt, dass er wirklich gerne fliegen können würde.
In seinem 21. Profijahr, nach 95 ATP-Titeln und mehr als 110 Millionen Dollar Preisgeld strahlt Federer Selbstbewusstsein und innere Ruhe aus wie nur wenige andere Athleten. „Ich sehe die Dinge in der späteren Phase meiner Karriere gelassener“, sagte er.
Am Samstag wolle er ausschlafen, am Nachmittag um 15 Uhr trainieren und sich abends das Damen-Finale zwischen Simona Halep und Caroline Wozniacki anschauen. „Und dann vielleicht noch einen Film gucken, denn es ist gut, wenn ich spät ins Bett gehe“, sagte Federer mit Blick auf das Finale am Sonntag in der Night Session (19.30 Uhr Ortszeit).
8:1 führt er im Vergleich mit Cilic, er ist klarer Favorit. „Ich habe am Anfang meiner Karriere nie an 20 gedacht. Jetzt ist es nah, aber doch auch noch weit weg“, philosophierte Federer am Freitagabend. Im Urlaub jedenfalls war er Cilic schon einmal voraus. „Ich war zuerst da, er kam später auf der Insel an“, sagte Federer schmunzelnd.