Gegen Murray: New Yorker Reifeprüfung für Djokovic
New York (dpa) - Für Novak Djokovic und Boris Becker gehen die US Open jetzt erst richtig los. Viertelfinale gegen Andy Murray, Neuauflage des Endspiels von 2012, erste echte Reifeprüfung für die Nummer eins der Tennis-Welt.
Zwar wehrte sich der Becker-Lehrling aus Belgrad nach seinem Achtelfinal-Sieg gegen Philipp Kohlschreiber vehement gegen diese Einschätzung und verurteilte sie als „Respektlosigkeit“ gegenüber seinen ersten Kontrahenten.
Doch so richtig gefordert wurde der 27 Jahre alte Serbe bislang tatsächlich nur phasenweise von Kohlschreiber - aber auch dieses Match entschied er souverän in drei Sätzen. All das Gerede über eine Formkrise oder eine gedankliche Auszeit vom Sport nach seiner Hochzeit im Sommer hat der werdende Vater verstummen lassen.
Nach zwei frühen Niederlagen in Toronto und Cincinnati waren Zweifel an der Verfassung des Wimbledonsiegers aufgekommen. „Ich hatte zuletzt nicht viel Zeit, um an Tennis zu denken“, gab Djokovic nach seinem Erstrunden-Sieg gegen den Argentinier Diego Schwartzman zu. Kurz nach seinem Triumph in Wimbledon heiratete Djokovic Mitte Juli seine Jugendfreundin Jelena Ristic auf der Hotelinsel Sveti Stefan an der montenegrinischen Adriaküste. Im Herbst wird er erstmals Vater.
„Ich denke, das hat ihn nicht groß gekümmert, was vorher geredet worden ist. Er war von der ersten Runde an beeindruckend stark“, sagte der im Achtelfinale als letzter deutscher Tennisprofi geschlagene Kohlschreiber, warnte seinen Trainingspartner und Kumpel aber auch: „Jetzt kommt natürlich der nächste Kracher.“
20 Mal standen sich Djokovic und Murray schon gegenüber, darunter in dem elektrisierenden Fünf-Satz-Endspiel vor zwei Jahren, als der Schotte unter seinem damaligen Trainer Ivan Lendl endlich seinen ersten Grand-Slam-Titel zelebrieren durfte. Auch im Wimbledon-Finale vor einem Jahr hieß der Sieger Murray. Das letzte Duell aber entschied Djokovic im März in Miami für sich.
12:8 führt der Serbe im direkten Vergleich, und auch beim Viertelfinal-Rendezvous an diesem Mittwoch bekommt man als Glücksspieler für einen Sieg Djokovics weniger Geld zurück. Zu dominant und zu konstant tritt der siebenmalige Grand-Slam-Champion bislang im Flushing Meadows Corona Park im Stadtteil Queens auf.
6:1, 6:2, 6:4 in Runde eins, 6:1, 6:3, 6:0 in Runde zwei, 6:3, 6:2, 6:2 in Runde drei, 6:1, 7:5, 6:4 im Achtelfinale gegen Kohlschreiber. „Es ist schön, dass ich bislang richtig gutes Tennis gespielt habe, aber es ist auch normal, dass die Gegner immer stärker werden. Gegen Murray muss ich auf dem höchsten Level spielen, um zu bestehen“, sagte Djokovic.
Ruhig und unaufgeregt geht das ungleiche Doppel Becker-Djokovic in New York seiner Arbeit nach. Der dreimalige Wimbledonsieger Becker verhält sich auffallend unauffällig, tritt öffentlich kaum in Erscheinung. Den Sieg gegen Kohlschreiber verfolgte er angespannt, aber äußerlich entspannt auf der Tribüne.
„Novak will das Turnier gewinnen. Meine Aufgabe ist es, ihm dabei zu helfen“, hatte Becker kürzlich in einem „Spiegel“-Interview gesagt und ergänzt: „Ich kann beurteilen, wie es sich anfühlt, an einem Finalmorgen aufzuwachen.“ Sehr wahrscheinlich wird Becker sein Urteil am kommenden Montag wieder kundtun dürfen - vor dem US-Open-Endspiel.