Haas: Erfolgreicher Tennis-Oldie im Rentner-Paradies
Miami (dpa) — Nach seinen traumhaften Tennis-Tagen von Miami ist Tommy Haas reif für die Insel.
Deutschlands Nummer eins will sich mit der Familie für einige Tage auf die Bahamas zurückziehen - Kraft sammeln, Geburtstag feiern und vor allem den sensationellen Höhenflug noch einmal so richtig genießen, der dem fast 35 Jahre alten Tennis-Oldie passenderweise im Rentner-Paradies Florida gelungen war.
„Ich werde in den nächsten Tagen zurückblicken und sagen, dass es eine der schönsten Wochen in meiner Karriere war“, sagte Haas im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Im Halbfinale kam mit 6:4, 2:6, 3:6 gegen den Spanier David Ferrer zwar das Aus. Dennoch bilanzierte Haas zufrieden, dass er erstmals in Miami richtig gut gespielt habe, vor all seinen Freunden und der Familie.
„Darauf bin ich schon stolz“, sagte Haas, der am 3. April 35 Jahre alt wird und sich in der neuen Weltrangliste auf Platz 14 verbessert. Für den gebürtigen Hamburger war sogar noch mehr drin als das Halbfinale. Die Tür zum Endspiel stand ihm weit offen — doch Haas vergab die große Chance, seinen ohnehin schon historischen Höhenflug in Miami um ein weiteres Kapitel zu ergänzen.
„Ich führe im dritten Satz 3:1, bin in der Gewinner-Position, aber leider kamen dann nicht mehr viele erste Aufschläge“, haderte Haas. Zudem unterliefen ihm zahlreiche einfache Fehler, während Ferrer in der entscheidenden Phase keine Geschenke mehr verteilte. „Tommy hatte die ganze Woche über auf einem hohen Niveau gespielt, aber ich wusste, dass er im dritten Satz etwas müder war als ich“, sagte er.
Als der Spanier im dritten Durchgang Haas das Service zur 5:3-Führung abnahm, war an der Körpersprache des Deutschen zu erkennen, dass das Turnier für ihn in den nächsten Minuten vorbei sein würde. Gegen Branchenprimus Novak Djokovic hatte er bei seinem sensationellen Zweitsatz-Sieg (6:2, 6:4) im Achtelfinale fast fehlerfrei gespielt und anschließend den Franzosen Gilles Simon wie im Rausch in nur 64 Minuten regelrecht überrannt (6:3, 6:1).
Doch Ferrer, der auch „spanische Wand“ oder „kleines Biest“ genannt wird, weil er fast jeden Ball zurückbringt, hatte Haas erfolgreich dessen Stärken beraubt, ihn nicht das Spiel von der Grundlinie aus diktieren lassen. „Er ist halt in solchen Situationen einfach ein erfahrener Kämpfer und nicht umsonst die Nummer fünf der Welt“, sagte Haas. In der kommenden Woche wird Ferrer sogar seinen Landsmann Rafael Nadal von Platz vier verdrängen.
Auf der Pressekonferenz kam erneut die Frage, an die sich Haas längst gewöhnt hat. „Ist dies Ihr letztes Jahr?“ Nicht dass er wüsste, entgegnete Haas schlagfertig. Er schaue nicht zu weit nach vorne und auch nicht zurück, sondern lebe einfach in der Gegenwart.
Und die ist für ihn so erfreulich wie lange nicht. Haas war der Publikumsliebling, denn Storys wie diese lieben sie in Amerika. Von Verletzungen immer wieder zurückgeworfen, trotzdem nie aufgegeben und nun auf der Zielgeraden seiner Karriere sogar ein Schrecken für die Topstars - wer kein Fan eines bestimmten Spielers war, musste in Miami einfach Tommy Haas die Daumen drücken.
Im Gegensatz zu den Vorjahren sorgten kein Novak Djokovic, Roger Federer oder Rafael Nadal für die Schlagzeilen, sondern ein Familienvater, der nach jedem Sieg gar nicht schnell genug zur eigenen Box laufen konnte, um seine Verlobte und die zweieinhalbjährige Tochter in den Arm zu nehmen. Selbst nach seiner Niederlage sprachen die ESPN-Experten Patrick McEnroe und Brad Gilbert mehr über Verlierer Haas als über Sieger Ferrer.
Der Oldie darf sich nun sogar über seine beste Platzierung in der Branchenwertung seit Januar 2008 freuen. Damals stand der gebürtige Hamburger auf Position 11, nun klettert er um vier Positionen auf Rang 14. In den Tagen von Miami hat Haas mal wieder gemerkt: Es kommt nicht darauf an, wie alt man ist oder wer auf der anderen Seite des Netzes steht. „Wenn man kämpft und an sich glaubt, ist wirklich noch einiges möglich“, sagte Haas. Auch mit fast 35 Jahren.