Spannend und hochklassig Kerber erkämpft sich Auftaktsieg bei WTA-Finals

Singapur (dpa) - Auch als Nummer eins klappt für Angelique Kerber nicht alles von allein. Nur mit enormer Nervenstärke und einem riesigen Kämpferherz meisterte die 28-Jährige mit 7:6 (7:5), 2:6, 6:3 ihre knifflige erste Aufgabe bei den WTA-Finals in Singapur gegen die Slowakin Dominika Cibulkova.

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„Es ist kein Zufall, dass ich da oben stehe“, sagte sie nach dem geglückten Auftakt bei der Tennis-WM. Zuversichtlich kann Kerber nun in Richtung Halbfinal-Teilnahme blicken. Auf ihrem angestrebten Weg zum dritten großen Titel in diesem Jahr war es für die Australian-Open- und US-Open-Siegerin ein erster kleiner Schritt.

„Es ist eine neue Situation. Ich bin sehr glücklich, wie ich heute damit umgegangen bin. Das Selbstbewusstsein steigt immer mehr - auch als Nummer eins steigt es“, sagte Kerber, als sie sich eine Stunde nach ihrer hochklassigen und umkämpften Partie in schwarzer Trainingsjacke und mit hochgesteckten Haaren den Fragen stellte.

Noch immer war die zweifache Grand-Slam-Siegerin da sichtlich erleichtert über den Auftaktsieg mit Aufs und Abs. „Ich denke, dass ich das Match vor einigen Jahren nicht gewonnen hätte, vielleicht auch im letzten Jahr nicht“, erklärte die Norddeutsche. „Da wäre ich mit dem Druck nicht so gut umgegangen. Ich glaube, das ist der Grund dafür dass ich jetzt Nummer eins bin, dass ich mental stark bin.“ Ihren neuen Status lasse sie sich in schwierigen Momenten immer wieder durch den Kopf gehen.

Um bei ihrer vierten Teilnahme am Saisonfinale erstmals in die Vorschlussrunde einzuziehen, muss die Kielerin mindestens Gruppenzweite werden. Am Dienstag trifft Kerber bei dem mit sieben Millionen Dollar dotierten Event nun auf die rumänische Weltranglisten-Vierte Simona Halep (13.30 Uhr/ARD), die sich 6:2, 6:4 gegen Madison Keys behauptete. Der freie Tag dürfte Kerber entgegenkommen. Sie sah müde nach dem Auftritt über 2:17 Stunden aus.

Gegen Cibulkova bestritt Kerber ihr 77. Tennis-Match in diesem Jahr - so viele hat keine andere absolviert. Dementsprechend sehnt sich die Norddeutsche nach Urlaub. Trotzdem war die Wimbledon-Finalistin und Olympia-Zweite gar nicht unglücklich darüber, dass sie gleich gegen Cibulkova zu einer Energieleistung gezwungen war. „Es ist anstrengend, aber so komme ich besser ins Turnier, weil ich so weiß, dass ich enge Matches gewinne“, erklärte die Linkshänderin. „Ich musste mein bestes Tennis spielen.“

Es ist das erste große Event, bei dem sie als Topgesetzte antritt, seitdem sie Mitte September Serena Williams ablöste und als erste Deutsche seit Steffi Graf Weltranglisten-Erste ist. Auch auf dem Platz muss sich Kerber erst an ihren neuen Status gewöhnen. Und die starke Weltranglisten-Achte Cibulkova verlangte der zweifachen Grand-Slam-Siegerin alles ab. Auch von einem 4:5- und 5:6-Rückstand im ersten, einem klar verlorenen zweiten und einem Break-Rückstand im dritten Satz ließ sich Kerber aber am Ende nicht aufhalten.

Im umkämpften Tiebreak hatte die Schleswig-Holsteinerin dann auch Glück, dass sie sich nach 1:05 Stunden den ersten Durchgang sicherte. Wer gedacht hatte, der Wille von Cibulkova, die wie Kerber ihre „beste Saison“ spielt, wäre danach gebrochen, sah sich mächtig getäuscht. Auch im entscheidenden dritten Satz lag die Favoritin hinten. Doch sie kämpfte sich wieder heran und schaffte zum 4:2 den vorentscheidenden Spielgewinn. Als dann wenig später ein Return der 27-jährigen Cibulkova beim ersten Matchball im Aus landete, ballte Kerber die Fäuste. Ausgelassen jubelte sie über ihren fünften Sieg im neunten Vergleich - und pustete dann erst einmal kräftig durch.

„Ich habe es mit meinen Emotionen im dritten Satz gedreht“, sagte die Fed-Cup-Spielerin und schilderte, wie sie die ersten beiden Sätze ausblendete: „Ich habe völlig vergessen, was die eineinhalb Stunden vorher passiert ist.“ Bundestrainerin Barbara Rittner gratulierte per Twitter: „Puh...starker Kampf von Angelique Kerber. Weiter geht's“

Nach ihrer herausragenden Saison konnte sich Kerber schon seit Ende August darauf einstellen, in Singapur dabei zu sein, so früh wie nur die verletzte Serena Williams - und ganz anders als Swetlana Kusnezowa. Die Russin qualifizierte sich erst am Samstag mit dem Finalsieg in Moskau, verdrängte Johanna Konta aus England und trifft am Montag auf die Polin Agnieszka Radwanska.