„schweren Herzens“ Kerber nicht zu Fed-Cup-Spiel gegen USA auf Hawaii
Melbourne (dpa) - Diese Absage fiel Angelique Kerber sichtlich schwer. Schon vor der ersten Prüfung als Titelverteidigerin bei den Australian Open gegen die Ukrainerin Lessia Zurenko musste die beste Tennisspielerin der Welt eine unangenehme Entscheidung verkünden.
Den lange erhofften Fed-Cup-Triumph müssen die deutschen Tennis-Damen ohne ihre Nummer eins womöglich in diesem Jahr schon früh abhaken. Schweren Herzens verkündete die Weltranglisten-Erste am Tag vor dem ersten Grand-Slam-Turnier des neuen Jahres, dass sie nicht zum schweren Erstrundenspiel gegen die USA ins weit entfernte Hawaii fliegen wird.
Vor der Weltpresse berichtete Kerber vor ihrem Auftaktmatch am Montag noch eher allgemein über die gewachsenen Verpflichtungen einer Branchenführerin. Im kleineren Kreis verkündete sie wenig später in Anwesenheit von Bundestrainerin Barbara Rittner ihre Absage für das Viertelfinale am 11. und 12. Februar im pazifischen Urlaubsparadies. „Das ist mir zu extrem“, sagte Kerber.
Zu weit, zu stressig, und vor allem schon am Tag danach der Beginn des Turniers in Doha - ein Trip nach Hawaii passt da einfach nicht. Die Norddeutsche hatte sichtlich Mühe, die adäquaten Worte zu finden, als sie neben Rittner auf einem Stuhl in den Katakomben der Rod-Laver-Arena nach den passenden Worten suchte.
Obwohl Rittner vollstes Verständnis äußerte, schien es der am Mittwoch 29 Jahre alt werdenden Sportlerin des Jahres fast peinlich, ihre Entscheidung erklären zu müssen, die angesichts der Wahl des Spielortes durch die Amerikaner durchaus nachvollziehbar ist. „Es ist mir nicht leichtgefallen. Der Fed Cup liegt mir am Herzen“, betonte Kerber, die in der nächsten Runde am 22. und 23. April wieder bei den Kolleginnen sein will - dann im Halbfinale oder im Relegationsspiel gegen den Abstieg aus der Weltgruppe.
Dass sie jetzt auf die geliebte „Woche mit den Mädels“ verzichtet, war womöglich von den Gastgeberinnen genau so erhofft. Spätestens am Dienstag muss Kerber in Doha auf dem Platz stehen. Lange habe sie hin und her überlegt, sei dann aber doch zu dem Schluss gekommen: „Es ist eigentlich unmöglich.“ Zumal auf die Veranstaltung in Doha das Turnier im benachbarten Dubai folgt und im März die US-Turniere im kalifornischen Indian Wells und in Miami anstehen. „Dann wäre sie spätestens im April tot gewesen“, stellte Rittner fest und witzelte: „Wir erzählen dann der Angie, wie schön Hawaii ist.“
Der Bundestrainerin war es wichtig, ihre Nummer eins nicht als Tennis-Egoistin dargestellt zu sehen, obwohl sie einräumte: „Klar sind wir alle traurig.“ Rittner erinnerte jedoch daran, dass Kerber sogar vor einem Jahr direkt nach dem Australian-Open-Triumph trotz aller Strapazen zum schweren Fed-Cup-Spiel gegen die Schweiz nach Leipzig gekommen sei. Auch wenn unklar ist, wen die USA aufbieten, sieht sie ihr ersatzgeschwächtes Team nun als Außenseiter.
In Melbourne gibt es Gelegenheit für andere, sich zu zeigen. Am ersten Turniertag waren vor Kerber schon Laura Siegemund, Julia Görges, Annika Beck, Carina Witthöft und Qualifikantin Mona Barthel gefordert. Andrea Petkovic ist erst am Dienstag an der Reihe, Sabine Lisicki und Anna-Lena Friedsam fehlen verletzt. Insgesamt zeigte sich Rittner nicht so zufrieden mit der Größe des deutschen Kontingents. „Mit den deutschen Damen aus dem Hauptfeld gehen wir zwei Tage vorm Turnier immer essen, und da war es diesmal so, dass wir schon sagten: Wir sind aber wenige!“, sagte sie der „Bild am Sonntag“.
Kerber durchlebte bei Rückkehr an die Stätte ihres ersten großen Triumphes noch einmal die höchst wechselhaften Emotionen aus dem vergangenen Jahr, als sie in der ersten Runde gegen die Japanerin Misaki Doi Matchball gegen sich hatte und am Ende Serena Williams in einem großartigen Finale niederrang. All das zählt nun nicht mehr, der Druck ist durch die gewachsenen Verpflichtungen eher noch gestiegen. „Ich mache mir keinen Druck“, betonte Kerber. „Das Wichtigste ist, nicht zu viel zu denken auf dem Platz.“
Trotz des frühen Aus in Brisbane und Sydney ist Kerber zuversichtlich für das erste Abendspiel. Gegnerin Zurenko stand immerhin schon vor dem Sprung unter die Top 30, vor zwei Jahren siegte Kerber in Sydney nur knapp. „Es wird keine einfache Runde“, prophezeite sie und will vor allem eines - nur auf sich selbst schauen.