Kerber verpasst Wimbledon-Coup - „Kann mir nichts vorwerfen“

London (dpa) - Nach dem knapp verlorenen Wimbledon-Finale gegen Serena Williams überwog bei Angelique Kerber der Stolz. Trotz einer herausragenden Leistung konnte sich die 28-Jährige ihren Kindheitstraum vom Titel beim wichtigsten Tennisturnier der Welt zwar nicht erfüllen.

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Sie hat dafür die Gewissheit gewonnen, dass weitere Chancen folgen können, auch beim Londoner Rasenturnier die Nachfolge von Steffi Graf anzutreten. „Ich glaube, ich bin jetzt wirklich angekommen“, sagte die Kielerin auf die Frage, ob sie sich nach ihrem zweiten Grand-Slam-Endspiel zur Weltspitze zugehörig fühle. „Ich bin auf einem guten Weg, besser und besser zu spielen.“

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Auch mit dem kleinen Silberteller in der Hand lächelte Kerber auf dem berühmten Centre Court. Die Pose der Siegerin und die Jubelbilder musste Deutschlands neuer Tennis-Liebling aber Serena Williams überlassen. Ein erneuter Coup gegen die 34 Jahre alte Amerikanerin wie beim Australian-Open-Sieg vor rund fünf Monaten blieb aus. Steffi Graf, die zuletzt 1996 triumphierte, bleibt vorerst die letzte deutsche Wimbledonsiegerin.

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Nach 81 höchst unterhaltsamen und mitreißenden Minuten musste sich die Kielerin mit 5:7, 3:6 geschlagen geben. „Ich habe so gut gespielt, wie ich konnte“, sagte Kerber. „Am Ende war es einfach der Aufschlag, der der beste der Welt ist. Da konnte ich nichts machen.“

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Serena Williams fügte ihrer imposanten Karriere damit ein weiteres schillerndes Kapitel hinzu. Mit ihrem siebten Wimbledon-Triumph verteidigte sie nicht nur ihren Erfolg aus dem Vorjahr, sondern holte auch ihren 22. Grand-Slam-Titel. Damit stellte Williams die Bestmarke von Steffi Graf aus der Profizeit ein, der sie schon seit dem vergangenen Jahr hinterhergerannt ist. Rücklings ließ sie sich nach dem Matchball auf den Rasen fallen. „Nummer 22, das ist fantastisch“, sagte Serena Williams und lobte Kerber: „Sie ist eine großartige Gegnerin. Sie holt immer das beste Tennis aus mir heraus.“

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In ihrem zweiten Grand-Slam-Finale lieferte Kerber ein starkes Match ab, am Ende war die Präzision und Power von Williams einen Tick zu gut. Die 1,73 Meter große Linkshänderin war die erste Deutsche am Finaltag seit Sabine Lisicki 2013. Trotz der bitteren Niederlage hat sie bewiesen, dass ihr Melbourne-Triumph kein Zufall war.

Am Ende blieb einem Turnier, in dem sie sich entschlossen präsentierte, in dem sie beeindruckend spielte, nur die Krönung im finalen Akt versagt. Auf der anderen Seite des Netzes stand aber auch die Spielerin, die das Damen-Tennis seit Jahren dominiert. Mit dem ersten Matchball kürte sich Williams einmal mehr zum Champion.

Vor drei Jahren stand Sabine Lisicki zuletzt an Kerbers Stelle und hielt der historischen Last gegen die Französin Marion Bartoli nicht stand. Anders als Lisicki trat Kerber nicht als Favoritin an, hatte aber schon gezeigt, dass sie die Weltranglisten-Erste mit ihrem unbändigen Willen und ihrem laufintensiven Stil überrumpeln kann.

Vor den Augen von früheren großen Damen des Tennissports wie Martina Navratilova, Martina Hingis und Billie Jean King rackerte Kerber auf dem nicht mehr ganz so grünen Rasen. Sie ließ das Publikum toben und schaffte es, die jüngere Schwester ihrer Halbfinalgegnerin Venus Williams nicht gleich davonziehen zu lassen. Die Amerikanerin kam mit ihrem schnellem Aufschlag aber immer wieder zu einfachen Punkten. Von der Grundlinie spielte Kerber ebenbürtig. Im ungünstigsten Moment kassierte sie dann ihren ersten Aufschlagverlust und musste den ersten Satz im Turnier abgeben.

Kerber agierte am wichtigsten Tag ihres Wimbledon-Wegs auch im zweiten Abschnitt fast fehlerfrei. Beim Stand von 3:3 hatte sie ihre erste Breakchance überhaupt in dem Match, doch Williams konterte mit einem Ass und nutzte ihrerseits die Breakchance zum 5:3 gnadenlos. „Angie hat sich nichts vorzuwerfen. Sie hat nichts falsch gemacht“, sagte Bundestrainerin Barbara Rittner.

Vor 20 Jahren hatte Steffi Graf auf diesem Platz im Endspiel die Spanierin Arantxa Sanchez Vicario besiegt - Kerber musste jetzt die Klasse und Souveränität ihrer Kontrahentin anerkennen. Zu Tränen war sie gerührt, nachdem sie ihre Rivalin am Netz lange umarmt hatte. „Das wird mir für immer in Erinnerung bleiben“, sagte die künftige Nummer zwei der Welt über ihr persönliches Final-Erlebnis. „Es ist ein großartiges Gefühl, hier zu spielen.“