Kerbers Kopfprobleme: „Natürlich spüre ich Druck“
Indian Wells (dpa) - Auf dem Papier ist Angelique Kerber derzeit die zweitbeste Tennisspielerin der Welt - auf dem Platz hingegen wirkt sie nur wenige Wochen nach ihrem grandiosen Sieg bei den Australian Open völlig von der Rolle.
Beim hochrangig besetzten Turnier in Indian Wells scheiterte die Kielerin bereits in ihrem Auftaktmatch völlig unerwartet mit 5:7, 5:7 an der Tschechin Denisa Allertowa.
Anschließend machten Anna-Lena Friedsam und Annika Beck mit ihren Niederlagen das deutsche Damen-Debakel in der kalifornischen Wüste komplett - keine der neun DTB-Spielerinnen hat die dritte Runde erreicht. Ein derart schlechtes Ergebnis gab es zuletzt 2010.
„Ich habe versucht, meinen Rhythmus zu finden und mein Spiel zu spielen. Aber es war einfach nicht mein Tag“, meinte Kerber. Die Weltranglisten-Zweite gab an, seit einigen Tagen Probleme mit ihrem linken Oberschenkel zu haben. Gegen Allertowa trug sie deshalb einen dicken, weißen Verband. Sie habe ihr Bein zum Ende des Matches gespürt, sagte die Norddeutsche, ergänzte aber umgehend, dass das keine Ausrede für die Niederlage sein solle.
In Indian Wells hatte Kerber 2014 und 2015 ebenfalls jeweils in der zweiten Runde verloren. Doch das war nur eine Randnotiz. Jetzt hingegen steht sie im Rampenlicht. Kerber hob hervor, dass sie nun weitaus mehr Dinge außerhalb des Tennisplatzes erledigen müsse. Die Woche in Indian Wells sei deshalb sehr anstrengend gewesen. Der Veranstalter, die WTA und natürlich Sponsoren - alle wollen ein bisschen vom Kerber-Coup in Melbourne profitieren. „Natürlich spüre ich den Druck, die Medien sind mehr auf mich fokussiert. Daran muss ich mich erst einmal gewöhnen“, erklärt die 28-Jährige.
Kerber ist nun die Gejagte, Allertowa hatte nichts zu verlieren. „Ich habe einfach versucht, mein bestes Tennis zu spielen. Es ist ein unglaubliches Gefühl jetzt, denn sie ist eine verblüffende Spielerin“, meinte die Siegerin. Kerber konnte ihr zwar gleich das erste Service zur 1:0-Führung abnehmen, wirkte aber anschließend auf dem Centre Court nie wie ein Grand-Slam-Champion. Sie bewegte sich schlecht, stand dadurch oft falsch zum Ball, wirkte mitunter lust- und hilflos. Der Aufschlag war wieder eine wackelige Angelegenheit.
Kerbers Körpersprache ließ jene Entschlossenheit vermissen, die sie in Melbourne noch so ausgezeichnet hatte. Und selbst die aufmunternden Worte von Trainer Torben Beltz halfen nicht. Das Wort Krise fiel noch nicht. Dennoch räumte Kerber ein, dass sie nun wieder versuchen müsse, hart zu trainieren, nach vorne zu schauen und eben nicht mehr zurückzublicken.
Nach ihr konnten weder Friedsam noch Beck das deutsche Damen-Debakel verhindern. Die als sogenannter Lucky Loser ins Hauptfeld nachgerückte Friedsam verlor ihr Zweitrunden-Spiel gegen die Russin Daria Kasatkina mit 5:7, 3:6. Fed-Cup-Spielerin Annika Beck unterlag der favorisierten Ukrainerin Jelina Switolina jedoch 6:4, 6:7 (0:7), 1:6. Zuvor waren unter anderen auch schon Andrea Petkovic und Sabine Lisicki ausgeschieden.