Kiefer und Haas: Erst Babypause, dann Comeback
Frankfurt/Main (dpa) - Wenn die weltbesten Tennis-Spieler vom 21. November an beim ATP-Finale in London den König ihrer Zunft küren, schauen Deutschlands Asse aus der Ferne neidisch zu.
Immerhin hat Wimbledonsieger Philipp Petzschner im Doppel zusammen mit seinem österreichischen Partner Jürgen Melzer die Qualifikation für den Saisonhöhepunkt geschafft. Im Einzel ist das deutsche Tennis 15 Jahre nachdem Boris Becker und Steffi Graf den Saisonabschluss gewannen dagegen meilenweit von der Weltspitze entfernt.
Als bester Deutscher rangiert Philipp Kohlschreiber auf Platz 34, die einst als Becker-Kronprinzen gehandelten Tommy Haas und Nicolas Kiefer wurden schon monatelang nicht mehr auf den Tennisplatz gesichtet. Windelwechsel statt Ballwechsel heißt es für beide derzeit, die Prioritäten haben sich verschoben. „Im Moment gilt meine ganze Aufmerksamkeit meiner kleinen Tochter“, sagte Kiefer, der am 11. August Vater der kleinen Mabelle Emilienne wurde, der Nachrichtenagentur dpa.
Auch Haas' Verlobte Sara brachte in den USA eine kleine Tochter zur Welt. Die gelbe Filzkugel ist für den einstigen Zweiten der Weltrangliste, der seit Monaten nach einer Hüftoperation an seinem Comeback arbeitet, damit erst einmal wieder ganz weit weg.
Doch komplett ins Familienleben zurückziehen wollen sich Haas und Kiefer noch nicht. „Von Rücktritt kann keine Rede sein. Das Feuer in mir brennt noch, und solange das so ist, ist doch alles in Ordnung“, sagte Kiefer, der letztmals beim Erstrunden-Aus in Wimbledon im Juni sportlich auf größerer Bühne in Erscheinung trat. „Ich werde mich in den nächsten Wochen mit meinem kompletten Team zusammensetzen, und dann werden wir einen Plan für die nächste Zeit ausarbeiten“, beschrieb der 33-Jährige den Zeitplan für seine Rückkehr.
Auch Haas denkt trotz seiner unendlichen Verletzungsmisere noch nicht an ein Karriereende. „Tennisprofi zu sein ist nach wie vor mein absoluter Traumberuf. Mit der Geburt meiner Tochter hat sich nun ein weiterer Traum für mich erfüllt, dem ich in der nächsten Zeit natürlich meine volle Aufmerksamkeit widmen werde. Dennoch bin ich absolut gewillt, meine beiden Träume 2011 miteinander zu verbinden“, sagte der 32-Jährige. „Meine Tochter soll ihren Vater auch noch einmal auf dem Tennisplatz sehen.“
Dass beide bereits beim ersten Grand-Slam-Turnier 2011 in Australien auf die Tour zurückkehren, ist eher unwahrscheinlich, danach wollen sie aber wieder angreifen. Als Vorbild gilt ihnen Roger Federer. Die aktuelle Nummer zwei des Rankings reist seit der Geburt seiner Zwillingstöchter im Juli 2009 mit der kompletten Familie um die Welt. „Es gibt doch nichts schöneres, als seine Familie um sich zu haben, wenn man unterwegs ist“, sagte Kiefer.
Das Saisonfinale in London wird er gespannt von Deutschland aus verfolgen. „Ich hoffe, Roger Federer gewinnt den Titel. Ihm würde ich es richtig gönnen“, sagte der Olympia-Zweite im Doppel von 2004. Vor elf Jahren stand Kiefer bei der WM in seiner Heimatstadt Hannover selbst im Halbfinale. „Das war ein einmaliges Erlebnis“, sagte Kiefer, der sich noch einmal hart quälen wird müssen, wenn er an diese Erfolge anknüpfen will. Er betonte: „Ich bin dazu bereit.“