Kohlschreiber: „Sieg fühlt sich nicht gut an“
Halle/Westfalen (dpa) - Trauriges Ende einer tollen Tennis-Woche: Nach der Final-Aufgabe seines Davis-Cup-Kollegen Philipp Petzschner konnte sich Philipp Kohlschreiber nicht so recht über seinen dritten ATP-Titel freuen.
„Ich habe ein Turnier gewonnen, aber es fühlt sich nicht gut an“, sagte Kohlschreiber nach dem Abbruch-Sieg im ersten deutschen Herren-Finale seit mehr als sieben Jahren. „Mit so einem Ende hat das einen faden Beigeschmack.“
Beim Stand von 7:6 (7:5), 2:0 für Kohlschreiber schlich Petzschner beim Rasenturnier in Halle geknickt zum Netz, um seinem Namensvetter zu gratulieren. Anschließend vergrub er den Kopf unter einem blauen Handtuch und versuchte, das bittere Ende der Partie zu verarbeiten. Beim Stand von 5:5 habe er erstmals Rückenbeschwerden gehabt, berichtete Petzschner. „Ich glaube, dass es etwas Muskuläres ist.“
In der übernächsten Woche beim Rasen-Höhepunkt in Wimbledon will der Bayreuther aber unbedingt wieder dabei sein, um seinen Doppeltitel zu verteidigen. „Ich mache mir keine Sorgen um Wimbledon“, betonte der Weltranglisten-71., der Kohlschreiber fair lobte: „Das soll die Leistung von Philipp nicht schmälern. Er hat ein Riesenturnier gespielt.“
Kohlschreiber räumte vor der Siegerehrung ein, dass es für ihn eine „total komische“ Situation sei. Als Lohn für seinen Turniersieg erhielt der Bayer 250 Weltranglistenpunkte und einen Siegerscheck über 114 750 Euro. Petzschner konnte sich mit 60 400 Euro etwas über den „enttäuschenden Ausgang“ seiner starken Woche hinwegtrösten.
Zuletzt hatten im Januar 2004 in Los Angeles zwei deutsche Tennisprofis im Endspiel eines ATP-Turniers gestanden. Damals setzte sich Tommy Haas gegen den inzwischen zurückgetretenen Nicolas Kiefer in zwei Sätzen durch. Beide waren am Sonntag in der ostwestfälischen Provinz Zeugen, wie ihnen Petzschner und Kohlschreiber nacheiferten. „Das Turnier ist in deutscher Hand. Und so soll es sein“, meinte Kiefer.
Als die beiden Team-Weltmeister Kolschreiber und Petzschner, die Mitte Mai gemeinsam den World Team Cup in Düsseldorf gewonnen hatten, um 13:11 Uhr den Platz betraten, wurden sie von den Zuschauern im Gerry Weber Stadion begeistert empfangen. Die große Frage nach dem Einschlagen war: Wer findet vor der großen Kulisse schneller zu seinem Spiel?
Die Antwort: Zunächst keiner. Denn den beiden Namensvettern war die nicht alltägliche Drucksituation eines großen Finales anzumerken. Und so lebte der erste Satz, in dem vor allem das Returnspiel beider Akteure ausbaufähig war, mehr von der Spannung als von der Klasse. Und obwohl Petzschner im Tiebreak beim Stand von 4:2 die besseren Karten zu haben schien, schnappte sich der Weltranglisten-49. Kohlschreiber die Satz-Führung. Im zweiten Satz ging es dann zur Enttäuschung aller schnell.
Damit stemmte Kohlschreiber als fünfter deutscher Profi die Trophäe bei den Gerry Weber Open in die Höhe. Den Anfang hatte Michael Stich 1994 gemacht. Ihm folgten David Prinosil (1999), Kiefer (2000) und Haas (2009). Seine vorherigen Einzel-Titel hatte Kohlschreiber 2007 in München und 2008 in Auckland gefeiert, Petzschner war bislang nur 2008 in Wien erfolgreich gewesen.