Leidenschaft mit Seitenwechsel - Hingis kehrt zurück
Carlsbad (dpa) - In Martina Hingis kribbelt es noch. Tennis lässt sie nicht los. So kehrt sie in die Welt zurück, in der sie sich am wohlsten fühlt und geht wieder dem nach, was sie am besten kann - wenn auch erst einmal nur im Doppel.
„Das ist das Selbstverständlichste für mich. Ich liebe es, Tennis zu spielen“, bekannte die Schweizerin. Sie sei gut drauf, fühle sich fit und sei hungrig auf den Wettkampf, begründete die 32-Jährige ihr Comeback.
Im Rampenlicht steht die „Miss Swiss“ nicht erst wieder, seitdem sie mit einem glücklichen Lachen ihren lockeren Sieg, den ersten nach einer fast sechsjährigen Pause, an der Seite ihrer Partnerin Daniela Hantuchova quittierte. Im Viertelfinale im kalifornischen Carlsbad sollte das Duo in der Nacht zum Samstag den an drei gesetzten US-Amerikanerinnen Raquel Kops-Jones/Abigail Spears gegenüberstehen.
Einen Auftritt hatte Hingis schon vor drei Wochen, als sie in der Tennis Hall of Fame verewigt wurde und eine Urkunde für ihr bisheriges Lebenswerk überreicht bekam. „Danke, Tennis, du hast mir die Welt zu Füßen gelegt und hast mich für diesen Platz in der Ewigkeit ausgewählt“, sagte die Taktik-Tüftlerin gerührt. Auch dieser Moment erinnerte sie an ihre erfolgreiche Vergangenheit. Wie sie mit 14 Jahren Profi wurde und mit gerade einmal 16 Steffi Graf als Nummer eins ablöste. Wie sie Ende der 90er Jahre mit ihrer Spielintelligenz die Konkurrenz beherrschte.
Die Gewinnerin von fünf Grand-Slam-Titeln war erst 22, als sie Knöchel- und Fußprobleme so sehr plagten, dass sie den Schläger erst einmal zur Seite legte. 2006 zog es sie schon einmal zurück auf die Tennis-Bühne, doch nach einem positiven Kokain-Test beendete sie Ende 2007 ein zweites Mal ihre Karriere.
Sie ritt, trat in Tanz-Fernsehshows auf und arbeitete als Trainerin - zuletzt war sie für einige Wochen Coach von der Russin Anastasia Pawluschenkowa. Doch nichts schien Hingis so auszufüllen wie das aktive Tennis. Der Gedanke an eine erneute Rolle rückwärts schwelte schon lange in ihr. „Ich hatte es immer in meinem Hinterkopf, wahrscheinlich die letzten sechs Jahre“, räumte sie ein.
Ihre zerbrochene Ehe mit dem französischen Springreiter Thibault Hutin mag die Rückkehr-Gedanken verstärkt haben. „Ich glaube, sie braucht jetzt etwas, worauf sie sich konzentrieren kann. Und das ist Tennis“, wurde Lindsay Davenport in der „New York Times“ zitiert.
Carlsbad soll nicht Hingis' einziger Auftritt bleiben. Gemeinsam mit Hantuchova will sie noch die Courts in Toronto, Cincinnati, New Haven und bei den US Open betreten. Und dann? „Wenn wir regelmäßig in der ersten oder zweiten Runde verlieren sollten, dann muss ich mir dies tendenziell nicht länger antun. Wenn wir aber erfolgreich spielen, werde ich weiter schauen“, sagt Hingis.
Ein Comeback als Solistin weist die Schweizerin aber noch weit von sich. „Ich will nicht zurückkommen, ein oder zwei Matches spielen und dann in der dritten Runde verlieren. Das ist nicht meine Welt“, sagte die Gewinnerin von 43 WTA-Titeln.
Spekuliert wird trotzdem weiter. Auf der Internetseite „espn.com“ wird schon mal hypothetisch gerätselt, wie ein Match Hingis gegen Maria Scharapowa, die aktuelle Nummer zwei der Welt, ausgehen würde. Hingis wäre schneller auf den Beinen und würde mit Köpfchen spielen, urteilt Trainer-Veteran Brad Gilbert. „Die eine Sache, auf die man achten müsste, wäre Hingis' Aufschlag gegen Scharapowas Return. Könnte Hingis ihren Aufschlag oft genug halten, um zu gewinnen?“ Viele Fans würden sich das sicher gern einmal anschauen.