Nach Federer-Absage: Halle-Chef plant Reformen

Halle (dpa) - Die „Traumehe“ zwischen Roger Federer und seinem Lieblingsturnier in Halle hat erste Risse - nun suchen die Veranstalter nach Wegen aus der Abhängigkeit von ihrem langjährigen Publikumsmagneten.

Einen Tag nach der Absage des Schweizer Superstars kündigte Turnierdirektor Ralf Weber für das kommende Jahr umfangreiche Veränderungen an. „Wir wollen auch an Topspieler wie Rafael Nadal und Novak Djokovic herangehen“, sagte Weber, der erstmals Verständnis für Federers Verzicht hatte.

Der 47-Jährige räumte auf einer Pressekonferenz selbstkritisch ein, dass die Fokussierung auf Federers Start - auch in Sachen Vermarktung - riskant gewesen sei. Eine mögliche Verletzung oder erschöpfungsbedingte Pause des 29-Jährigen nach den kräftezehrenden French Open habe man „völlig ausgeblendet“, so Weber, den die Nachricht aus der Schweiz „aus heiterem Himmel“ erreichte: „Das war gestern schon ein Schock.“

Vor allem für die Fans ist Federers Absage eine Hiobsbotschaft. Das Konterfei des fünfmaligen Champions ziert das offizielle Turnierplakat, „Roger Superstar“ ist in Halle omnipräsent - nur nicht persönlich anwesend. Und das, obwohl der Grand-Slam-Rekordsieger im Vorjahr den Veranstaltern vertraglich zugesichert hatte, dass er in der Woche nach Paris immer zum Turnier nach Westfalen kommen will, sofern er gesund ist. „Aufgrund des mit ihm abgeschlossen "Lifetime Contract" haben wir erwartet, dass diese Partnerschaft auch mit Leben erfüllt wird“, hatte sich der verärgerte Weber in einer ersten Reaktion echauffiert.

Federer begründete seinen Verzicht damit, dass er seinem Körper, vor allem der Leiste, Ruhe gönnen müsse. Andernfalls sei das Risiko zu groß, „dass es sich vor Wimbledon verschlimmern könnte“. Selbst Weber konnte dies, nach einer Nacht Schlaf, nachvollziehen: „Ich kann verstehen, dass er seine Rekordserie in Wimbledon verbessern will.“ Zugleich betonte er, dass er mit einer Geldstrafe für Federers Fernbleiben rechne - ganz wie es die Statuten der ATP vorschreiben.

Familienvater Federer, der in London seinen siebten Titel anstrebt, verlängerte damit die Absagen-Flut der Stars. In Federer, Robin Söderling und Jürgen Melzer fehlen drei der fünf eingeplanten Top-Spieler, zudem musste der ursprünglich an Nummer vier gesetzte Russe Michail Juschni kurzfristig verletzt passen. Und so ähneln die Gerry Weber Open mit zehn heimischen Startern mehr und mehr deutschen Tennis-Meisterschaften mit internationalem Anstrich.

„Ich hoffe, dass jetzt die deutschen Spieler ihre Möglichkeiten ausschöpfen“, sagte Weber. Der Augsburger Philipp Kohlschreiber konnte bei allem Verständnis für die Enttäuschung der Fans Federers Entscheidung auch etwas Positives abgewinnen. „Aus reiner Konkurrenz-Sicht ist es immer gut, wenn er nicht mitspielt, weil er das Turnier schon so oft gewonnen hat.“ Sein Davis-Cup-Kollege Philipp Petzschner meinte: „Ohne Roger ist es ein anderes Turnier. Da haben mehrere Leute die Chance, das Turnier zu gewinnen.“

Für 2011 plant Weber neben dem Buhlen um Nadal und Djokovic weitere Neuheiten: So soll es ein Damen-Event mit Andrea Petkovic, Julia Görges und Co. geben, zudem könnten weitere Altstars - wie in diesem Jahr Steffi Graf - im Rahmenprogramm auftreten. Und dann setzt Weber noch auf einen ganz speziellen Gast: „Ich würde mich freuen, wenn Roger Federer noch viele Male zu uns kommt.“