Pilic zurück im deutschen Tennis
Frankfurt/Main (dpa) - Eigentlich könnte Niki Pilic jetzt auch das schöne Wetter auf der kroatischen Halbinsel Istrien genießen. 10 bis 12 Grad, Sonne - die Aussichten für das Wochenende in Opatija sind bestens.
Doch anstatt es sich mit 75 Jahren einfach mal gut gehen zu lassen, steht Pilic im Frankfurter Stadtteil Höchst in der etwas in die Jahre gekommenen Fraport Arena und schaut den deutschen Davis-Cup-Spielern beim Training zu.
Im weißen Trainingsanzug lehnt Pilic an einer der grünen Werbebanden und beobachtet, wie Philipp Kohlschreiber und Benjamin Becker die Bälle über das Netz schlagen. Dem wachen Blick des Kroaten entgeht nichts. Fällt ihm etwas auf, schreibt er es in sein DIN A5-Notizbuch oder tauscht sich sofort mit Michael Kohlmann darüber aus.
Der neue Davis-Cup-Teamchef steht meist ein paar Meter weiter vorne im Feld, vielleicht soll auch das symbolisch deutlich machen, was Pilic in diesen Tagen immer wieder sagt. „Ich bin der Berater, die Entscheidungen trifft Michael.“
Die Rollenverteilung ist Pilic, der Deutschland 1988 und 1989 mit Boris Becker sowie 1993 mit Michael Stich zum Triumph im Davis Cup geführt hat, sehr wichtig. „Ich habe gelesen, es gibt zwei Teamchefs. Das ist nicht richtig“, sagt Pilic. Dabei liegt eine Vehemenz in seiner Stimme, die erahnen lässt, wie er die Streithähne Becker und Stich 1992 bei den Olympischen Spielen dazu gebracht hat, ihre Animositäten kurz zu vergessen und im Doppel Gold zu gewinnen.
Auch deshalb haben sie ihn beim Deutschen Tennis Bund mit ins Boot geholt, als es nach der Trennung von Carsten Arriens darum ging, neue Strukturen beim Davis-Cup-Team aufzubauen. Lange überzeugen mussten sie Pilic nicht. „Das war eine Sache von ein paar Minuten. Niki war sofort Feuer und Flamme“, erinnert sich Sportdirektor Klaus Eberhard an sein Telefonat mit Pilic. „Ich bin froh, einen so erfahrenen Mann an meiner Seite zu haben“, sagt Kohlmann.
Pilic weiß schließlich, wovon er spricht. „Ich bin seit 50 Jahren in diesem Wettbewerb dabei. Ich liebe den Davis Cup.“ Zunächst als Spieler für Jugoslawien, dann als Teamchef in Deutschland und Kroatien und zuletzt als Berater von Novak Djokovics Serben hat er in dem prestigeträchtigen Format alles erlebt. Pilic ist klar, worauf es in diesen speziellen Wochen im Tennis-Jahr ankommt. „Wir müssen eine Geschlossenheit und einen Teamgeist entwickeln.“
Geschlossenheit und Teamgeist - das sind so ziemlich die letzten Worte, die einem beim deutschen Herren-Tennis einfallen. Eigentlich geht es immer nur um irgendwelche Streitigkeiten, die vor einem Jahr in Frankfurt beim Erstrundenspiel gegen Spanien darin gipfelten, dass man es nicht einmal mehr schaffte, einen Spieler für das bedeutungslose Schlusseinzel zu finden.
„So etwas geht nicht“, sagt Pilic klipp und klar. „Das hätte es bei mir nicht gegeben.“ Als Nachkarten will der Kroate das nicht verstanden wissen, sehr wohl aber als Mahnung an das jetzige Team. Aufgepasst, jetzt weht ein anderer Wind.
Reden - das ist für ihn der Schlüssel zum Erfolg. Weshalb er seit Sonntag viel mit den Profis kommuniziert, vor allem mit Philipp Kohlschreiber. Nicht wenige sind der Meinung, dass die deutsche Nummer eins in Patrik Kühnen und Carsten Arriens die letzten beiden Teamchefs auf dem Gewissen hat. Doch Pilic setzt auf den Augsburger. „Er ist sehr wichtig für uns, wir brauchen ihn gegen Frankreich.“
Deshalb schaut Pilic in diesen Tagen bei Kohlschreiber ganz besonders hin. Der 31-Jährige lag vergangene Woche mit Fieber flach, hat immer noch mit den Nachwirkungen zu kämpfen. Geschont wird er deshalb aber nicht. „Egal was passiert, er muss alle Matches spielen“, stellte Pilic mit Blick auf das Erstrunden-Duell am Wochenende klar.