Serena Williams: Rückkehr in Trippelschritten
Los Angeles (dpa) - Serena Williams hat ihr Lachen wiedergefunden. Nach quälend langen neun Monaten voller Verletzungen und Frust stand die Amerikanerin in dieser Woche erstmals wieder auf dem Tennisplatz.
Im knallpinken Einteiler spielte die 29-Jährige ein paar Bälle übers Netz und teilte die „coolen Neuigkeiten“ umgehend ihrer weltweiten Fangemeinde via Twitter mit. „Ich fühle, dass ich eine neue Chance im Leben habe“, sagt Williams, für die der Weg zurück auf den Court „die größte Herausforderung meines Lebens“ ist.
Ihr letztes offizielles Match hat die jüngere der beiden Williams-Schwestern am 3. Juli 2010 bestritten, als sie durch einen Finalsieg über die Russin Wera Swonarewa zum vierten Mal Wimbledon gewann. Es war der zweite Grand-Slam-Titel des Jahres nach den Australian Open für sie und Williams, die dem US-Team an diesem Wochenende beim Fed-Cup-Relegationsspiel gegen Deutschland in Stuttgart fehlt, die klare Nummer 1 der Welt.
Mit einem Tritt in eine Glasscherbe in einem Münchner Restaurant begann vier Tage später die Abwärtsspirale. Sehnenriss im rechten Fuß, drei Operationen, zehn Wochen Gips, zehn weitere Wochen Spezialschuh - an Tennis oder gar nur Training war nicht zu denken. Arzttermine und Turnierabsagen wechselten einander ab.
Und es kam noch schlimmer. Als Williams am 18. Februar 2011 von New York nach Los Angeles flog, war ihr linker Fuß bei der Landung „so dick wie mein Oberschenkel“. Mehr noch störte sie jedoch ihre Atemnot. „Ich konnte nicht gehen und reden zur selben Zeit und dachte nur, 'Mensch, ich bin total außer Form, wird Zeit, dass ich wieder ins Fitness-Studio gehe'“, erinnert sie sich. Dabei litt Williams an einer Lungenembolie.
Bei rund 600 000 Amerikanern wird diese Krankheit jährlich diagnostiziert. Erst auf Drängen ihrer Schwester Venus ging Williams ins Krankenhaus und erfuhr noch in der Notaufnahme, „dass ich hätte sterben können.“ Ihr behandelnder Arzt Robert Wolfe sprach von einer „sehr gefährlichen Situation.“ In ihrer Lunge hatten sich mehrere Blutgerinnsel angesammelt, Wolfe führt dies unter anderem auf Bewegungsmangel nach ihrer Operation und etliche Langstreckenflüge zurück.
Obwohl Williams wieder mit dem Tennis spielen angefangen hat, muss sie noch mehrere Monate Blutverdünner nehmen. Das Anraten ihres Arztes: „Wenn ich Sie wäre, würde ich mit Tennis aufhören“, konterte sie mit einem: „Sie sind aber nicht ich.“ Die 13-fache Grand-Slam-Gewinnerin hat immer noch den Ehrgeiz vergangener Tage - auch wenn sie derzeit nur in Trippelschritten vorankommt. „Wir hatten alle große Angst. Ich kann ihre Rückkehr kaum erwarten“, sagt Venus Williams.
Doch wann ihre kleine Schwester wieder Turniere spielen kann, ist völlig offen. Die am 17. Mai beginnenden French Open kommen wohl noch zu früh. Vom Tennis-Thron ist sie mittlerweile auf Platz zehn zurückgefallen, steht erstmals seit März 2008 wieder auf einem zweistelligen Ranglisten-Platz. Doch derartige Statistiken lächelt sie einfach weg. „Ich bin froh, dass ich am Leben bin.“