Tennis-WM: Kerber verspürt Freude und Genugtuung
Istanbul (dpa) - Als Angelique Kerber am Freitag in den Flieger Richtung Istanbul stieg, verspürte Deutschlands Nummer eins „große Genugtuung“. Schließlich hätte ihr kaum jemand zugetraut, dass sie es zum zweiten Mal nacheinander zum Saisonhöhepunkt der besten acht Tennis-Spielerin des Jahres schafft.
„Daran hätten sicherlich nach Wimbledon nur noch die wenigsten geglaubt“, sagte Kerber der Nachrichtenagentur dpa. „Ich habe es aber allen gezeigt und bestätige nun seit zwei Jahren, in denen ich in den Top Ten stehe, dass ich dort oben hingehöre.“
Von diesem Dienstag an misst sie sich nun in Istanbul wieder mit der Weltelite. Allerdings erwischte sie gleich für die Gruppenspiele schwere Gegnerinnen: In der Roten Gruppe trifft sie auf die Weltranglisten-Erste Serena Williams aus den USA, die Polin Agnieszka Radwanska und Petra Kvitova aus Tschechien.
Das Event am Bosporus hatte sie eigentlich schon abgehakt, gestand die Kielerin. „Ich hätte das wahrscheinlich erst mal nicht geglaubt“, antwortete Kerber auf die Frage, was sie gesagt hätte, wenn ihr jemand nach dem Zweitrunden-Aus in Wimbledon eine erneute Istanbul-Teilnahme prophezeit hätte. Doch im Endeffekt wurde gerade diese herbe Enttäuschung im All England Lawn Tennis Club für Kerber zur großen Trendwende im Jahr 2013.
Während sich die deutsche Öffentlichkeit auf Sabine Lisicki stürzte und deren wundersamen Einzug ins Wimbledon-Finale in allen Facetten beleuchtete, zog sich Kerber für ein paar Tage nach Mallorca zurück. Unter der Sonne der Ferieninsel tankte die 25-Jährige neue Kraft und schwor sich auf die zweite Saisonhälfte ein.
Oberste Prämisse fortan: mehr Freude, weniger Druck. „Ich habe mir im Urlaub vorgenommen, mir nicht mehr so einen Druck zu machen und wieder mehr Spaß auf dem Platz zu haben“, erzählte Kerber. „Ich denke, das war der entscheidende Schlüssel.“ Zuvor hatte ihr die gestiegene Erwartungshaltung nach dem Höhenflug im Jahr 2012 deutlich zu schaffen gemacht. „Ich hätte nie gedacht, dass dieser Erfolgsdruck so groß sein würde“, gestand Kerber.
Mit frischer Energie und neuer Gelassenheit fand die Norddeutsche nach dem Mallorca-Kurztrip zu alter Stärke zurück. Schon bei den Turnieren in Tokio und Peking trumpfte die Linkshänderin stark auf und krönte ihren Herbst-Aufschwung schließlich in Linz mit dem dritten Turniererfolg ihrer Karriere.
Nicht nur die deutsche Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner traut Kerber deshalb im Sinan Erdem Dome einiges zu. Auch die Nummer zehn der Welt reist nicht nur nach Istanbul, um einfach so dabei zu sein. Nach drei Niederlagen in den Gruppenspielen des Vorjahres soll es dieses Mal zumindest mit dem ersten Sieg klappen. In der Rolle der Außenseiterin fühlt sich Kerber richtig wohl. „Ich habe mir bewusst keine speziellen Ziele gesetzt, möchte mir hier keinen Druck machen“, sagte die Schleswig-Holsteinerin.
Helfen sollen ihr die Erfahrungen des Vorjahres. Damals war sie völlig überwältigt von dem Rummel, der um die Spielerinnen bei der WM gemacht wird. Hier ein Fotoshooting, da ein Medientermin, und dann noch von einem Galadinner zum nächsten. Auf dem Court fehlte Kerber danach die Energie. Nun weiß sie, dass sie sich die Kräfte einteilen muss. „Ich bin in diesem Jahr reifer geworden“, sagte Kerber. Noch einmal will sie diese neue Reife in Istanbul unter Beweis stellen, dann geht es richtig in den Urlaub. Bislang ist sie aus diesen Auszeiten immer gestärkt herausgekommen. Gute Aussichten also für 2014.