Tschechischer Nobody Rosol düpiert Superstar Nadal

London (dpa) - Passend zur EM-Zeit wählte Tennis-Nobody Lukas Rosol für seinen Wimbledon-Coup gegen Rafael Nadal einen Fußball-Vergleich. „Dieser Sieg ist genau so, als ob die tschechischen Junioren Real Madrid im Fußball besiegt hätten.“

Der Weltranglisten-100. nannte seinen Fünf-Satz-Zweitrundenerfolg auf dem „Heiligen Rasen“ verblüfft ein „Wunder - Rafael Nadal ist schließlich ein Superstar“. Der Spanier hat das berühmteste Tennisturnier der Welt schon zwei Mal gewonnen, die French Open sogar sieben Mal - zuletzt kam für ihn 2005 in Wimbledon so früh bei einem Grand-Slam-Turnier das Aus. Gegen einen so tief platzierten Spieler hatte die Nummer zwei der Tenniswelt noch nie bei einem der vier Top-Events verloren. Philipp Kohlschreiber wird sich eins ins Fäustchen gelacht haben: So bleibt ihm nämlich das Drittrunden-Duell mit Nadal erspart.

„The Times“ sortierte Nadals 7:6 (11:9), 4:6, 4:6, 6:2, 4:6-Drama in die Liste der „Schock-Abschiede“ der All England Championchips mit ihrer 126-jährigen Geschichte ein. Darin erwähnt sind auch Boris Beckers Zweitrunden-K.o. gegen den Australier Peter Doohan 1987 und Steffi Grafs Auftaktpleite gegen Lori McNeil (USA) 1994.

Nun also Nadal. „Du spielst gegen einen inspirierten Gegner und du bist draußen. Es ist keine Tragödie - nur ein Tennismatch“, meinte er lapidar. Zuvor auf dem Platz war der Spanier am späten Donnerstagabend immerhin so verzweifelt gewesen, dass er bei einem Seitenwechsel seinen Gegner mit der Schulter anrempelte. Viele Zuschauer und auch Rosol deuteten das als Psychotrick des sonst so fairen Sportsmanns. „Er wollte mir die Konzentration nehmen. Ich wusste, dass er irgendetwas probiert. Aber ich war überrascht, dass er so etwas auf dem Centre Court von Wimbledon macht“, sagte Rosol. „Ich bin aber konzentriert geblieben.“

Und wie! Der obercoole 26-Jährige war nicht mehr derselbe, der bei seinen vorigen fünf Anläufen beim wichtigsten Rasentennisturnier der Welt bisher immer in Qualifikationsrunde eins rausgeflogen war. Vor dem fünften Satz wurde das Dach wegen Dunkelheit geschlossen und das Flutlicht angeknipst - und während Nadal mit der rund 40-minütigen Pause haderte, kam Rosol nach einer entspannenden Dusche wie berauscht aus der Umkleide: „Es war, als wäre ich irgendwo anders.“ Die „Daily Mail“ nannte seinen fünften Satz „Blitzkrieg-Tennis“.

Auch die Presse in Rosols Heimat jubelte. „Der tschechische Krieger hat den heiligen Rasen erobert“, schrieb die Zeitung „dnes“ martialisch. Das Boulevardblatt „Blesk“ titelte schlicht: „Ein tschechischer Held“. Und der ist wie Wimbledon-Siegerin Jana Novotna in Brünn geboren.

Rosol selbst betonte anschließend bescheiden: „Ich wollte nur nicht 0:6, 1:6, 1:6 verlieren.“ Immerhin hatte er bei den Australian Open eine denkwürdige 0:6, 0:6, 2:6-Pleite gegen Philipp Petzschner erlebt. Kohlschreiber wird sich für das Drittrunden-Duell ein paar Tipps von seinem Kumpel „Petzsche“ holen und hoffen, dass Rosol ein „One-Hit-Wonder“ bleibt.