Venus Williams: Langsamer Abschied der Wimbledon-Queen
London (dpa) - Venus Williams war einst die Queen von Wimbledon. Die elegantere der beiden Williams-Schwestern triumphierte fünfmal bei dem berühmtesten Tennisturnier der Welt. Mit Athletik und Hammer-Aufschlägen fertigte sie ihre bemitleidenswerten Gegnerinnen oftmals im Schnelldurchgang ab.
Nach ihrem Erstrunden-Aus war jedoch sie es, die einem leidtun konnte. Gezeichnet von ihrer Autoimmunkrankheit, unterlag die 32-Jährige der No-Name-Russin Jelena Wesnina mit 1:6, 3:6. Sie wirkte wie ein müder Abklatsch der Tennis-Königin von einst. „Es ist traurig, sie physisch nicht mehr bei 100 Prozent zu sehen. Und ehrlich gesagt: Da wird sie wohl auch nie wieder hinkommen“, kommentierte BBC-Expertin und Wimbledon-Siegerin Lindsay Davenport.
Es schien, als ob sich Venus Williams in ihrem wie immer selbst entworfenen, weißen Kleid für immer von Wimbledon verabschieden würde, als sie zu beiden Tribünen-Seiten winkte. Die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste, momentan nur noch die Nummer 58 der Tenniswelt, wollte aber von einem Karriereende nichts wissen.
Auf der Pressekonferenz gab sie sich angriffslustig. „Ach ja, bin ich derzeit am Kämpfen? Bin ich das?!“, blaffte sie vom Podium. Sie schimpfte über „verrückte Fragen“ der Journalisten. Und trotzig, mit Tränen in den Augen, meinte die Kalifornierin: „Ich fühle mich als große Spielerin. Unglücklicherweise hatte ich mit Umständen zu tun, mit denen Menschen im Sport normalerweise nicht umgehen müssen.“
Damit meinte sie ihre Krankheit, das Sjögren-Syndrom. Die Diagnose hatte sie nach Jahren der Ungewissheit im September bekommen und dann ein halbes Jahr pausiert. Weil sie sich aber unbedingt für Olympia qualifizieren wollte, kam sie vielleicht schon zu früh zurück, wie sie nun einräumte. Immerhin gelang ihr die Olympia-Qualifikation mit einem Ranking unter den besten 56, aber schon ihr Zweitrunden-Aus bei den French Open war bitter. In Paris sagte sie, dass sie immer erst beim Aufstehen wisse, wie es ihr am jeweiligen Tag geht.
Im Südwesten Londons nun war sie erstmals seit ihrem Debüt 1997 ungesetzt. Damals scheiterte sie auch letztmals in Runde eins. Ab dann wurde der All England Lawn Tennis and Croquet Club mit fünf Siegen zwischen 2000 und 2008 zu ihrem „Wohnzimmer“. Damit ist sie Nummer 3 hinter der neunmaligen Gewinnerin Martina Navratilova und der siebenmaligen Siegerin Steffi Graf.
Venus Williams bemühte sich, ihr Aus gegen Wesnina herunterzuspielen. Sie liebe Tennis noch sehr und plane, 2013 wiederzukommen. „Ich bin hart im Nehmen. Hart wie Stahl.“ Noch immer träumt die dreifache Goldmedaillen-Gewinnerin von Olympia. Die Spiele beginnen in einem Monat - in Wimbledon. Es wäre ein Happy-End.