Tischtennis-Star Timo Boll: „Tokio 2020 ist noch nicht raus aus meinem Kopf“

Düsseldorf. Timo Boll ist das Aushängeschild des deutschen Tischtennis. Er spricht über Dimitrij Ovtcharov, einen Wechsel ins Ausland und die Olympischen Spiele im Jahr 2020.

Herr Boll, Ihr Comeback nach fiebriger Grippe am Wochenende in der Bundesliga war durchwachsen. Wie fühlen Sie sich körperlich?

Boll: Körperlich geht es mir wieder ganz gut. Vor dem Spiel hatte ich nur fünf Trainingseinheiten am Tisch, doch dafür war ich zufrieden. Es fehlen aber noch ein paar Prozent, gerade spielerisch fehlt mir die Praxis. Man merkt im Spiel, dass man oft falsch zu den Bällen steht.

Schmerzt es denn noch, dass Sie als Rekord-Europameister die EM verpassen mussten?

Boll: Das musste ich einfach akzeptieren. In meiner Karriere hab ich schon das ein oder andere Turnier verletzungsbedingt verpasst, das bleibt nicht aus. Bis dahin hatte ich zwölf Europameisterschaften hintereinander gespielt, sodass das jetzt kein Drama für mich war, einmal aussetzen zu müssen.

Ihr Nationalmannschaftskollege Dimitrij Ovtcharov hat sich den Titel geholt. Wie sehen Sie seine Entwicklung?

Boll: Er hat sich sehr gut entwickelt und es war auch abzusehen, dass er neben mir in Europa der bestimmende Spieler sein wird. Die letzten Jahre hatte es für ihn bei der EM nicht so funktioniert, aber jetzt konnte er beweisen, dass er mit der beste Spieler in Europa ist.

Wenn mit Ovtcharov ein junger Spieler an Ihnen vorbei möchte. Verunsichert oder motiviert Sie das?

Boll: Es wäre schlimm, wenn er das nicht wollte und wenn ich nicht versuchen würde, mich weiter zu behaupten. Das ist normal im Sport. Wir sind trotzdem sehr gute Freunde und haben aber auch ein gemeinsames Ziel: Wir wollen die Chinesen angreifen und auf Weltebene den Titel holen. Das können wir nur schaffen, wenn wir uns gegenseitig pushen.

Ovtcharov sieht sich mit Ihnen bereits auf Augenhöhe.

Boll: Ja, er hat auf jeden Fall das Niveau, um mich zu schlagen. Aber auch gegen die besten Chinesen zu gewinnen.

Als Nächstes steht der Weltcup in Verviers an. Was rechnen Sie sich dort nach ihrer Pause aus?

Boll: Dafür ist die Zeit verdammt eng, daher fahr ich jetzt mit keiner riesen Erwartung hin. Ich werde zwar versuchen mich von Spiel zu Spiel zu steigern. Aber ein schwaches Spiel kann ich mir dort eigentlich nicht leisten, weil die Besten der Welt dabei sind. Erstmal bin einfach froh, nach der Pause wieder an den Tisch zu können.

Bei der German Open im November in Berlin wollen sie aber wieder um den Titel mitspielen.

Boll: Das sollte schon möglich sein. Bis dahin hab ich auch wieder einige Wettkämpfe bestritten, die ich auch brauche, um richtig gut zu spielen. Dort bin ich dann hoffentlich wieder in absoluter Top-Form. Beim Weltcup bin ich selbst noch skeptisch.

Sie spielen seit 2007 für Borussia Düsseldorf und haben Ihren Vertrag bis 2016 verlängert. Ist danach dann Schluss?

Boll: Ach wieso. Ich sag immer, Tokio 2020 ist auch noch nicht ganz aus meinem Kopf raus.

Dann wären Sie 39 Jahre alt.

Boll: Da gibt es einige Spieler, die das auch geschafft haben und sogar noch älter waren. Solange ich noch Spaß habe, mich motivieren kann und die Gesundheit mitspielt. Momentan hab ich noch genauso viel Spaß, wie mit Anfang 20. Aber 2016 soll es das keinesfalls gewesen sein.

Reizt Sie dann vielleicht noch einmal ein Klub im europäischen Ausland?

Boll: Da wäre ich nicht der Typ für, der für ein paar Euro mehr durch ganz Europa tingelt. Ich war zwölf Jahre in Gönnern und fühle mich bei der Borussia sehr wohl. Meine Karriere würde ich auch gerne hier beenden.