TT-Comeback nach Schicksalsschlag: Baum wagt Neuanfang
Bremen (dpa) - Fast auf den Tag ein halbes Jahr nach dem Unfalltod seines Vaters will Tischtennis-Nationalspieler Patrick Baum sein erstes offizielles Match auf der Profibühne bestreiten.
Bei den German Open in Bremen soll eine Phase zu Ende gehen, die von Zweifeln, Selbstvorwürfen und totaler Abschottung geprägt war. „Ich bin gespannt, wie sich Patti in Bremen präsentieren wird“, sagte Bundestrainer Jörg Roßkopf vor dem ersten Match am Freitag.
Am 21. September 2014 brach für den zweifachen EM-Finalisten eine Welt zusammen. Nach dem 3:2 seines TTC Fulda-Maberzell in der Bundesliga gegen Ochsenhausen erhielt der 27-Jährige die schockierende Nachricht: Sein Vater war nach einer Irrfahrt mit einem entwendeten Auto tödlich verunglückt. Arthur Baum war nicht nur lange Trainer beim Rheinhessischen Tischtennis-Verband. Er hatte als Privatcoach einen großen Anteil am Vorstoß seines jüngeren Sohnes in die Weltspitze.
Der Tod des Vaters ließ den sensiblen Patrick in ein tiefes Loch stürzen. Seinen Start bei der EM in Portugal sagte er ab. „Er wollte zunächst ganz mit dem Tischtennis aufhören“, erinnerte sich Fuldas Präsident Stefan Frauenholz. Auch für den osthessischen Verein sei dies eine schwierige Situation gewesen, zumal der Spieler niemanden an sich herangelassen habe.
Baum begab sich in psychologische Behandlung und bekam wieder Lust auf Tischtennis. Wichtiger Anker war sein älterer Bruder Björn. Mithilfe des Weinheimer Zweitligaspielers stieg er privat ins Training ein. Im Januar folgte ein vorsichtiger Test bei zwei Einladungsturnieren. „Ich habe mich gut gefühlt und es hat Spaß gemacht“, zitierte ihn die „Wormser Zeitung“.
Doch die zunächst geplante Rückkehr Anfang März fiel aus. „Bei den nationalen Meisterschaften in Chemnitz wäre er zu sehr auf den Tod seines Vaters angesprochen worden. Der war ja viele Jahre Stammgast bei diesem Turnier“, erläuterte Roßkopf. „Der Zeitpunkt des Comebacks in Bremen ist richtig.“
Vor dem Turnier wollte sich Baum ganz auf den Sport konzentrieren und lehnte Interviews zu dem Thema ab. Roßkopf hat Baum erstmals vor drei Wochen bei einem Lehrgang wieder erlebt. Sowohl der Mensch als auch der Sportler habe einen guten Eindruck gemacht. „Aber man muss sehen, wie er mit Drucksituationen umgeht“ bemerkte der Bundestrainer.
Trotz der langen Auszeit gehört Baum als frühere Nummer 19 der Weltrangliste in Bremen zu den gesetzten Spielern. Er muss am Mittwoch und Donnerstag nicht wie die meisten anderen deutschen Teilnehmer in der Qualifikation antreten. Roßkopf möchte den mehrfachen Team-Europameister „möglichst selbst“ betreuen.
Ob und wann der Linkshänder in die Trainingsgruppe der Nationalmannschaft zurückkehrt, soll nach den German Open und den Spanish Open Ende März besprochen werden. Auch wenn die WM einen Monat später in China für Baum zu früh kommt, möchte der Bundestrainer möglichst bald wieder auf ihn setzen. „Ich bin sehr froh, dass Patrick wieder zurückkommt“, sagte Roßkopf. „Mit ihm hätten wir im Vorjahr den EM-Titel gewonnen.“