Wenig Spielpraxis, gute Form - Boll: Ich bin fit
Dortmund (dpa) - Die wichtigste Schulter im deutschen Tischtennis ist wieder okay. Timo Boll hat seine Sehnenreizung im Schulterbereich des linken Schlagarms auskuriert. „Das ist längst abgeklungen.
Ich bin fit“, erklärte der Linkshänder vor Beginn der Mannschafts-WM am Sonntag in Dortmund.
Trotz einer keineswegs optimalen Vorbereitung - der WM-Dritte hat seit November 2011 kein großes Turnier mehr gespielt - verbreitete der Top-Star große Zuversicht. „Ich bin körperlich in einer sehr guten Verfassung.“
Auch Bundestrainer Jörg Roßkopf, der die hochmotivierte Europameister-Mannschaft in der Westfalenmetropole erwartete, ist von seinem Hoffnungsträger überzeugt. „Die letzten Trainingstage waren gut. Ich bin mit Timos Form sehr zufrieden“, sagte Roßkopf. Den Beweis muss Boll am Sonntag am Tisch in den ersten Gruppenspielen gegen Tschechien und Spanien erbringen. Der Rekord-Europameister gilt als gesetzt im DTTB-Team, das zur Not wohl ohne den Ausnahmespieler gewinnen könnte.
Unabhängig von der aktuellen Situation - wegen der schmerzenden Schulter konnte Boll in den vergangenen Monaten nicht voll trainieren - kritisierte Roßkopf drei Tage vor dem WM-Start die grundsätzliche Einstellung des Odenwälders. Dessen Vorliebe für Sponsorentermine und Preisgeldturniere passt dem Coach nicht.
„Ich glaube, dass er noch einen Tick mehr machen kann. Es ist mein Ziel als Bundestrainer, dass er seine Termine reduziert und dafür im Training mehr Gas gibt“, sagte der Bundestrainer in der „Süddeutschen Zeitung“. Zudem stachelte er Bolls Olympia-Ehrgeiz an. „Natürlich hat er eine Ambition: eine Medaille bei Olympia. Ich allerdings würde ihm als Ziel Gold ausgeben. Er muss sich mit dem Maximalziel heranarbeiten“, erklärte Roßkopf.
Boll hatte zuletzt internationale Turniere in Katar und Kuwait sowie die deutschen Meisterschaften in Berlin abgesagt, dafür aber im Januar ein Preisgeldturnier in Saarbrücken gewonnen. Nach Rücksprache mit dem Arzt ließ er sich auch mit Spritzen behandeln - etwas, was er eigentlich ablehnt. In der Weltrangliste rutschte er durch die Pause auf Platz sechs ab.
Spielpraxis sammelte der 15-malige Europameister fast ausschließlich bei den Einsätzen für seinen Club Borussia Düsseldorf in der Bundesliga und im Europapokal. Dabei gelangen ihm zumeist überzeugende Siege. „Timo war eine Klasse für sich“, lobte Düsseldorfs Trainer Danny Heister seine Nummer eins nach zwei klaren Siegen beim letzten WM-Aufgalopp am vorigen Freitag im ETTU-Pokal.
Auch Boll sieht in der längeren Turnier-Abstinenz keinen Nachteil. „Ich bin jemand, der sich in einem Turnier steigern kann. Es sind jede Menge Matches bei der WM, und ich werde mich dem Niveau schon anpassen“, argumentierte der 31-Jährige. Boll verwies dabei auf die vorige Team-WM 2010 in Moskau, wo er in der Vorrunde wackelte, gegen den Japaner Jun Mizutani verlor, ehe er beim 1:3 im Finale gegen China in einem Weltklasse-Match den Ehrenpunkt holte.
Auch diesmal hat Boll die Endspiel-Teilnahme als Ziel ausgegeben. Zumal vor eigenem Publikum neben dem Erwartungsdruck auch die Motivation höher sein dürfte. „Ich jedenfalls wäre nur noch stärker motiviert und es würde mir noch mehr Selbstvertrauen geben, wenn ich eine WM in meiner Heimat spielen würde“, erklärte der chinesische Einzel-Weltmeister Zhang Jike.
Der Champion reiste ebenfalls vom Trainingslager der Chinesen in Österreich nach Dortmund. Für Zhang Jike, der Boll im Vorjahr im Halbfinale der Einzel-WM in Rotterdam bezwang, steht der Ausgang der Team-Weltmeisterschaft schon vor dem ersten Aufschlag fest. „Ja, China gewinnt wieder den Titel, und zwar vor Deutschland, Südkorea und Japan“, legte sich Zhang Jike in einem Interview auf der DTTB-Homepage ungewöhnlich offen fest.