Top-Ten im Weltcup als Ziel Neue Waffe, mehr Bums: Biathlet Lesser will angreifen
Östersund (dpa) - Im Flutlicht des Östersunder Biathlon-Stadions setzte Erik Lesser die letzten seiner Trainingsschüsse ins Schwarze. Kurz noch die Analyse mit Bundestrainer Mark Kirchner, dann verstaute der Olympia-Zweite im Einzel sein neues Gewehr.
Mit der in einem ganz speziellen Design verzierten neuen Waffe will der 28-Jährige am Donnerstag im ersten Einzelrennen des Winters alle 20 Scheiben abräumen. Wenngleich die Bedingungen auf der vereisten und sulzigen Strecke sehr schwer sind und für den Männer-Wettkampf in der ohnehin windanfälligen Arena starker Wind angesagt ist.
„Ich bin ganz zuversichtlich für morgen. Aber man sollte bei mir nicht davon ausgehen, dass ich in die Top Ten komme. Aber mit einem Top 30-Ergebnis wäre ich sehr zufrieden“, sagte Lesser.
Bergleute mit Helmen, gekreuzte Hämmer, drei Sterne für die Meistertitel in den Fünfzigerjahren - alles in den lila-weißen Farben seines Lieblings-Fußballclubs FC Erzgebirge Aue - so sieht sein neues Arbeitsgerät aus. „Eigentlich ist es völlig wurst, wie der Schaft aussieht. Ob ich treffe, liegt nur an mir. Aber die Waffe kann ja auch ein bisschen schön aussehen, dann macht das auch ein bisschen mehr Spaß“, sagt Lesser, dessen Siegergeste beim Zieleinlauf zum WM-Gold 2015 mit den gekreuzten Armen als Hommage an Aue unvergessen ist. Seitdem ist der Frankenhainer Ehrenmitglied beim FC Erzgebirge, saß sogar bei einem Punktspiel mit auf der Bank.
Kurios: Verziert haben die Waffe Dresdner. Und na klar, eingefleischte Dynamo-Fans. Beide sächsischen Clubs verbindet eine herzliche Rivalität. „Schon geil, dass Dynamo-Fans so was hinkriegen“, meinte Lesser mit einem Augenzwinkern. Die Lackierung und spezielle Folie seien einzigartig im Biathlon-Zirkus, sagt Lesser. Und treffen kann er damit auch, in der Mixed-Staffel zum Auftakt wurde er mit Franziska Preuß Dritter.
Seine neue, spürbar leichtere Waffe aus türkischem Walnussholz baute Deutschlands „Waffen-Guru“ Sandro Brislinger. Warum der Wechsel? Lesser traf mit seiner alten Gewehr im vergangenen Winter doch 86 Prozent. Zudem braucht man eine Eingewöhnungszeit. „Damit ich noch ein paar Prozente besser werde“, begründete der Technik-Freak: „Ich möchte neue Sachen auch gerne als Erster haben.“
Da Lesser aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen nie eine so schnell unterwegs sein wird wie etwa Simon Schempp, muss er über das Schießen kommen. Das neue Griffstück ist kleiner und etwas filigraner, die Magazine für die Munition sind in einem anderen Winkel angebracht. „Dadurch kann ich vielleicht ein paar Millisekunden gewinnen und die anderen eher unter Druck setzen“, hofft der zweimalige olympische Silbermedaillengewinner.
Um im neuen Winter wieder um die Podestplätze mitkämpfen zu können, hat Lesser neben seiner Waffe auch die Trainingsinhalte modifiziert. Weil ihm in den Sprints bei den kleinen Antritten manchmal „ein bisschen der Bums“ fehlte („Da kam ich nicht so ganz hinterher“), intensivierte er im Mai das Krafttraining. Dreimal pro Woche standen Maximalkraft-Einheiten auf dem Programm. „Damit man ein bisschen mehr Bums in den Armen hat“, erklärt Lesser.
Im Gesamtweltcup will er wieder unter die Top 10, wie am Ende der Saison 2014/2015. In der Vorsaison reichte es nur zu Rang 14. „Ich will mein Standing von vor zwei Jahren wieder haben“, sagt Lesser und ergänzt: „Ich will mit der Staffel bei der WM eine Medaille holen.“