Doping-Problematik Russland-Causa spaltet Biathlon-Welt
Östersund (dpa) - Unter den Biathleten rumort es. Eine mögliche Verbannung der russischen Mannschaft von Olympia in Pyeongchang ist beim Weltcupauftakt in Östersund eines der Hauptthemen.
Doch während zuletzt alle gemeinsam für härtere Strafen gegen Dopingsünder kämpften, gehen die Meinungen in der Causa Russland weit auseinander. Vor allem der sechsmalige Gesamtweltcupsieger Martin Fourcade, bisher viel gehörtes Sprachrohr der Skijäger im Anti-Doping-Kampf, lehnt einen Ausschluss mittlerweile ab.
„Ich bin gegen eine kollektive Bestrafung eines Landes, aber für eine Strafe gegen Athleten, die sich an einer solchen Art von Manipulation beteiligt haben oder beteiligen“, sagte der elfmalige Weltmeister Fourcade der französischen Nachrichtenagentur AFP und wurde noch konkreter: „Alle, die in Sotschi betrogen haben, dürfen nicht da sein.“ Russland habe beim Doping kein Monopol, sagte der 29-Jährige, der in Sotschi zweimal Olympiagold gewonnen hatte.
Erik Lesser, der in Russland zweimal Silber holte, kann sich die Winterspiele in Pyeongchang sehr wohl ohne die Russen vorstellen. „Die komplette Sportgemeinschaft wurde in Sotschi beschissen“, sagte der Doppel-Weltmeister in Schweden deutlich. „Es werden vielleicht einige Athleten betroffen sein, die sich hoffentlich nichts haben zu Schulden kommen lassen, aber ich glaube, für das ganze System kann das eine Chance oder ein Wachrüttler sein.“
Ähnlich sieht es Gabriela Koukalova. Die zweimalige Olympiazweite schrieb auf ihrer Facebookseite: „Ich bin eindeutig dafür, Doping flächendeckend zu einer Straftat zu machen und die Russen nicht bei den Olympischen Spielen starten zu lassen.“ Fairness und Ehrlichkeit seien wichtiger als der Sieg, betonte die 28-jährige Tschechin, die zuletzt eine der Hauptkonkurrentinnen von Laura Dahlmeier war.
Koukalova wurde daraufhin im Internet wüst beschimpft und bedroht. Sie habe nun „Hunderte Millionen Feinde“. Es gebe keine Beweise für Doping, hieß es in zahlreichen Kommentaren.
Das IOC-Exekutivkomitee wird am 5. Dezember über die Folgen des aufgedeckten systematischen Dopings in Russland entscheiden. Ein Komplettausschluss ist möglich. Der kanadische Ermittler Richard McLaren hatte den Russen ein staatlich gelenktes Dopingsystem in der Zeit zwischen 2011 und 2015 attestiert.
Bei den Biathleten gab es in der Vergangenheit mehrere russische Dopingfälle, der Verband RBU musste nach den Vergehen unter anderem schon die Höchststrafe von 100.000 Euro an den Weltverband zahlen und zudem unter Druck die WM 2021 in Tjumen zurückgeben. Im zweiten McLaren-Report waren auch 31 russische Skijäger genannt worden. Die meisten Verfahren aber wurden von der IBU mangels Beweisen eingestellt. Zuletzt waren Olga Wiluchina, zweimalige Olympia-Zweite in Sotschi, und ihre Teamkollegin Jana Romanowa, die mit der Staffel ebenfalls Silber gewonnen hatte, lebenslang für alle IOC-Wettbewerbe gesperrt worden, beide sind jedoch bereits zurückgetreten.
Romanowa und andere wollen die Sperre vor dem Internationalen Sportgericht CAS trotzdem anfechten. „Alles, was jetzt passiert, ist eine schreckliche Ungerechtigkeit“, sagte Romanowa der Agentur Tass zufolge. „Wenn wir dort kein gerechtes Urteil bekommen, dann werfe ich meine Medaille eher in den Müll, als sie dem IOC zurückzugeben.“ Gerade diese Uneinsichtigkeit löst bei vielen Kollegen Kopfschütteln aus. Öffentlich äußern möchte sich dazu lieber niemand.
Stattdessen sind die Hoffnungen auf gerechte Urteile groß. „Es ist schon schwer, jemanden zu sperren, bei dem man keine positive Dopingprobe hat. Ich hoffe aber schon, dass das IOC eine ordentliche Strafe ausspricht“, sagte Lesser, ergänzte aber auch: „Rein juristisch wird das vielleicht nicht ganz haltbar sein.“