Elf Jahre nach Eis-Blackout: Gold-Gunda noch sauer

Budapest (dpa) - Bereits elf Jahre ist es her, da unterlief der Eis-Königin Gunda Niemann-Stirnemann das wohl größte Missgeschick ihrer glanzvollen Eisschnelllauf-Karriere. Noch heute erinnert sich die Thüringerin an ihren Wechselfehler von Budapest, wo am Freitag die EM beginnt.

Am liebsten wäre sie nach ihrem Blackout im Boden versunken. Solch eine Peinlichkeit war Niemann-Stirnemann zuvor noch nie passiert. Auf der Freiluftbahn unweit des Heldenplatzes von Budapest war die Rekord-Weltmeisterin im Eisschnelllauf bei der Mehrkampf-WM 2001 wegen eines „vergessenen Bahnwechsels“ disqualifiziert worden. Elf Jahre später geht es auf dem Eis in Ungarns Hauptstadt um den EM-Titel.

„Das war so ärgerlich. Aber es ist halt passiert, und ich bin eher gestärkt aus dem Rennen hervorgegangen. Schließlich bin ich eine Woche später in Hamar Weltrekord gelaufen“, erinnerte sich die Erfurterin, die heute als Co-Moderatorin für das ZDF arbeitet und als Trainerin für den Nachwuchs weiter auf dem Eis steht.

„Mist. Scheiße. Ich bin fuchsteufelswild“ - das waren damals ihre Worte nach dem „Anfängerfehler“. „Das ist mir so unangenehm. Alle lachen über mich“, schimpfte sie gefrustet. Zuvor war sie im 3000-Meter-Rennen auf dem Weg zu einer neuen, tollen Bestzeit, um die Grundlage zu ihrem neunten Mehrkampf-WM-Titel zu legen. Das WM-Gold sicherte sich damals schließlich Anni Friesinger, die mit einer Zehntelsekunde vor Claudia Pechstein triumphierte. Elf Jahre später trägt die Berlinerin nun ab Freitag die einzigen Hoffnungen der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) auf eine Medaille bei der Europameisterschaft an gleicher Stelle.

„Über die eine Zehntelsekunde ärgere ich mich noch heute, ich hätte nie gedacht, dass es noch so eng wird“, erinnert sich Pechstein heute über die unverhoffte Chance auf ihr zweites Mehrkampf-Gold nach dem Jahr 2000, als sie in Milwaukee gewann.

Auch dem heutigen Mehrkampf-Bundestrainer Stephan Gneupel ist das WM-Rennen von Budapest in Erinnerung geblieben, obwohl er selbst nicht mehr Heimcoach von Gunda Niemann war und zu Hause bleiben musste. „Das war wirklich ein ganz besonderes Rennen. Das vergisst man nie“, meinte der Erfurter. Trainiert wurde die dreimalige Olympiasiegerin Niemann damals von Klaus Ebert, der am Rande des Eis-Ovals laut gestikulierend versuchte, das Schlimmste verhindern - vergeblich. „Ich habe das Unheil kommen sehen, wie ein Blöder gebrüllt. Aber es half nichts“, gab er resignierend zu. Dass die Gold-Gunda bei weitem nicht die einzige Prominente ist, der dieser Wechselfehler passierte, war spätestens 2010 bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver deutlich geworden, als der haushohe Favorit Sven Kramer den irrtümlichen Hinweisen seines Trainers folgte und mit dem Einschwenken auf die falsche Bahn das sichere Olympia-Gold über 10 000 Meter durch Disqualifikation verschenkte. Ähnlich ging es seinem Landsmann Rintje Ritsma, den 1997 ein Wechselfehler das Olympia-Ticket über 10 000 Meter kostete.

„In der Geschichte spricht man rückblickend nur darüber, wenn so etwas einer ganz Großen passiert. Jeder hat gesehen: Sie ist keine Maschine. Das macht sie menschlich“, sagte Niemanns Ehemann Oliver Stirnemann, der auch zugab, damals bei dem Wechselfehler „fast in die Bande gebissen“ zu haben.