Panik bei den Curlern nach Ausgabestopp
Berlin (dpa) - Unter den rund 700 deutschen Curlern herrscht helle Aufregung. Nach dem angekündigten Stopp staatlicher Fördergelder hat der Deutsche Curling-Verband (DCV) eine totale Ausgabensperre verhängt.
Das bestätigte Sportdirektor Rainer Nittel in einem Interview des „Tagesspiegel“ aus Berlin. Allen Festangestellten und Honorarkräften wurde zum Jahresende gekündigt.
„Auch die Sportstätten und Leistungszentren sind betroffen. Wir haben heute einen Ausgabestopp für alle Maßnahmen verhängt, die Wettkämpfe im Jahr 2015 betreffen“, sagte Nittel. Der Verband müsse alles stoppen, um die Teilnahme an den Europameisterschaften absichern zu können. „Der Curling-Verband geht kaputt“, prognostizierte Nittel, der selbst auch die Kündigung zum 31. Dezember 2014 erhalten hat. „Ich rechne mit einem klaren Mitgliederschwund. Curling wird nur noch punktuell und breitensportlich auftauchen“, befürchtet der Sportdirektor.
Der frühere Curling-Teamchef Andreas Kapp setzte hinzu: „Was da passiert, ist eine Riesensauerei. Da wird ein kleiner Verband geopfert“, sagte er der „Augsburger Allgemeine“ und sprach vom „Todesurteil für den Curlingsport“.
Unterdessen stemmt sich der kleinste olympische Sportverband Deutschlands mit aller Kraft gegen das verordnete Aus. Er werde „bis zum letzten Stein kämpfen“, kündigte Nittel an. In einer Erklärung vom Mittwoch wehrt sich der Verband gegen Aussagen von DOSB-Leistungssportdirektor Bernhard Schwank, der erklärt hatte: „Die Curler haben in unseren Zielvereinbarungsgesprächen stets deutlich gemacht, dass zur Erreichung des gemeinsamen Ziels einer Finalteilnahme - Platz eins bis acht bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang - eine Mittelerhöhung notwendig und ansonsten eine Förderung nicht sinnvoll ist.“
Damit entstehe der Eindruck, „der Verband habe DOSB und BMI quasi angeboten, entweder die Förderung zu erhöhen oder die Förderung komplett einzustellen“, heißt es in der Erklärung. Tatsache aber sei, dass sich der DCV in der unmittelbaren Verantwortung sehe, „an positiven Ergebnissen der deutschen Olympia-Mannschaft bei den Spielen 2018 und 2022 beteiligt“ zu sein. „Aus diesem Anspruch heraus habe der DCV den Umbruch eingeleitet und ein Konzept, basierend auf den von starker Professionalisierung geprägten internationalen Anforderungen des Curlingsports erstellt.
Dazu gehörte im Sommer die Einstellung des Schweizer Erfolgscoaches Thomas Lips. Allein und nur aus diesem Grund sei ein Mehrbedarf entstanden. „Für das kommende Jahr hatten wir zusätzlich zu unserer bisherigen Förderung von 330 000 Euro einen Mehrbedarf von 206 000 Euro angemeldet“, legte Nittel offen. „Sollte dieser Mehrbedarf nun durch die Mittel des BMI nicht realisierbar sein, ist aus unserer Sicht die Zielstellung zu überdenken und den Gegebenheiten entsprechend neu auszurichten.“
Bei Olympia in Sotschi waren die deutschen Damen gar nicht dabei und die Herren chancenlos. Es gebe jedoch keine Rechtfertigung, den Verband in seiner Gesamtheit und somit eine ganze Sportart „wegzuwischen“ und damit auch einen Neuaufbau komplett unmöglich zu machen. „Ich hätte nie gedacht, dass eine Sportart einfach so fallen gelassen wird. Mein Vertrauen ist stark erschüttert“, resümierte Nittel. Im Förderstopp sieht der DCV eine „bislang einmalige Maßnahme in der Geschichte des bundesdeutschen Sports“.