Pechstein rückt Friesinger näher: 15. DM-Titel
Inzell (dpa) - Claudia Pechstein freute sich, als hätte sie gerade den ersten Titel ihre Karriere geholt. In Inzell erlebte die Berlinerin die erfolgreichsten nationalen Meisterschaften ihrer mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Laufbahn.
Zum Auftakt der ersten Eisschnelllauf-Saison nach ihrer zweijährigen Sperre erfüllte sich Pechstein alle Ziele: Die 39-Jährige holte zwei Titel auf ihren Spezialstrecken, erkämpfte Platz zwei über 1500 Meter und Rang drei auf der ungeliebten Sprintstrecke über 1000 Meter und darf nun auf allen Strecken zwischen 1000 und 5000 Meter ins Weltcup-Geschehen eingreifen.
„Natürlich hat man immer Zweifel, ob man es noch mal packt. Aber das war doch nicht schlecht für eine in meinem Alter“, meinte die mit Abstand älteste Läuferin des Feldes nach ihrem Erfolg über 5000 Meter, den sie souverän in 7:08,44 Minuten herauslief. Mit ihrem insgesamt 15. Meistertitel rückte sie Ex-Rivalin Anni Friesinger wieder etwas näher, die ihre Karriere mit 18 deutschen Titeln beendet hatte. Ungefährdet bleibt Rekordmeisterin Gunda Niemann-Stirnemann mit 34 nationalen Titeln. Schon mit dem Erfolg zum Auftakt über 3000 Meter hatte Pechstein ihre Topform unterstrichen. Zuvor hatte sie nur 2003 einmal zwei Titel bei deutschen Meisterschaften gewonnen.
Über 1000 Meter düpierte die 5000-m-Spezialistin sogar einige Sprinterinnen und buchte in 1:07,64 Minuten als Dritte trotz eines Fehlers beim Bahnwechsel die Fahrkarte zum Weltcup im russischen Tscheljabinsk in zwei Wochen. Mit der gestärkten Spurtfähigkeit legte sie wichtige Grundlagen für das angestrebte Medaillen-Ziel bei der Mehrkampf-WM. Außerhalb des Eises sah man die fünfmalige Olympiasiegerin daher so gelöst und locker wie nie in den vergangenen Jahren.
Keine Chance hatte sie allerdings gegen Monique Angermüller, die ihre beiden Vorjahrs-Titel in Topzeiten wiederholte. „Das war der absolute Wahnsinn. Fast unheimlich“, jubilierte die Berlinerin nach ihrem Überraschungserfolg über Pechstein auf den 1500 Metern. In 1:57,78 war sie zwei Sekunden schneller als je zuvor in Europa und schob sich auf Rang drei der Saison-Weltbestenliste. „Ich habe noch am Abend auf der Couch gesessen und immer nur den Kopf geschüttelt“, bekannte sie. Über 1000 Meter war die 27-Jährige in 1:16,20 Minuten auch weit schneller als die niederländische Meisterin Thijsje Oenema beim parallel laufenden Championat.
Dass mit Pechstein eine Mehrkämpferin auf dem Sprinter-Podest stand, störte sie schon ein wenig. „Eigentlich versuchen wir Sprinterinnen immer, dies zu verhindern. Aber Claudia war einfach zu stark“, verteilte sie Komplimente.
Freude bereitete den Verantwortlichen und den wenigen hundert Zuschauern die Leistungssteigerung von Sprinter Samuel Schwarz. Über 500 Meter verbesserte der frisch verheiratete Berliner seine persönliche Bestzeit auf 35,35 Sekunden. Am Sonntag flitzte der vorjährige Weltcupsieger von Obihiro in 1:09,64 zu seinem zehnten Meistertitel. Gleichfalls zwei Titel holte sich der Inzeller Newcomer Moritz Geisreiter mit tollen Zeiten über 5000 (6:24,11) und 10 000 Meter (13:18,84). Auf den ganz langen Kanten verfehlte er damit seine persönliche Bestzeit nur um zwei Sekunden, den deutschen Rekord um neun Sekunden. In der Saison-Weltrangliste setzte sich Geisreiter vorübergehend an die Spitze.